Originaltitel: HAEVNEN

DK/S 2010, 119 min
FSK 12
Verleih: Universum

Genre: Drama

Darsteller: Mikael Persbrandt, Trine Dyrholm, Ulrich Thomsen

Regie: Susanne Bier

Kinostart: 17.03.11

6 Bewertungen

In einer besseren Welt

Große Rührung jenseits aller Klischees

Susanne Biers Drama ist, während dies geschrieben wird, für den OSCAR in der Kategorie „Bester nicht-englischsprachiger Film“ nominiert, und es würde nicht wundern, wenn sie ihn bereits hätte, während Sie hier lesen. Denn Susanne Biers Filme sind ein Phänomen. Wird sie in Amerika als Danish Arthouse-Darling gefeiert, sind ihre Werke in der Heimat allesamt umsatzfreudige Kinokassenschlager. Den internationalen Durchbruch schaffte sie jedoch ausgerechnet mit OPEN HEARTS, den sie nach den doch eher zum filmischen Spartanismus neigenden Dogma-Regeln schuf. Sie schafft ihn also, den Spagat zwischen Kunst und Kommerz, vielleicht auch, weil sie Filmemachen nicht als „reine Kunst“ begreift, sondern den Film als „Massenmedium“ sieht.

Doch wie gelingt es, daß auch ihr neuester Film, zwar vor Dramatik überbordend, niemals ins Klischee abkippt, obwohl sie zum großen Orchester greift und das Taschentuch nicht trocken bleibt? Wahrscheinlich, weil sie ihren Darstellern echte Gefühle abverlangt und dafür Dialoge findet, die man ihnen glauben muß. Und weil sie sich nicht scheut, eine gesunde Portion Pathos zu bemühen und trotzdem authentisch zu bleiben. Die Handlung pendelt zwischen einem nicht näher genannten afrikanischen Flüchtlingslager und Dänemark, genauer zwischen den Stereotypen von beiden: Armut, grausame Warlords, das Gesetz der Straße; Gegenschnitt zu weitläufigem Landsitz mit weißer Kiesauffahrt, gemütlichem Sommerhaus und blonder Frau.

Anton ist Arzt und eigentlich derjenige, der pendelt, und Marianne seine blonde Frau, nebst Elias, seinem Sohn. Doch keine heile Welt. Denn die Scheidung liegt in der Luft, Elias wird in der Schule gemobbt, und erst Christian, der neu in der Klasse ist, scheint ihm da helfen zu können. Doch auch Christian ist weit entfernt von einem Leben in Geborgenheit. Seine Mutter ist gerade an Krebs gestorben, und er haßt die Welt, vor allem seinen erfolgreichen Vater, dem er die Schuld am Tod seiner Mutter gibt.

Susanne Bier bleibt also wieder bei „ihren“ Themen: den Abgründen der Familie und zwischenmenschlichen Beziehungen. Wieder relativiert sie moralische Werte, hinterfragt Sicherheiten, indem sie zwei extreme Gegensätze kollidieren läßt. Anton läßt in Afrika seinen Sohn im Stich, weil er dort vor Entscheidungen gestellt wird, die jenseits seiner Vorstellung lagen. Doch auch in Dänemark tickt derweil eine reale Zeitbombe. Aber am Ende bleibt die Hoffnung – auch das ein Geheimnis des (kommerziellen) Erfolgs von Susanne Bier.

[ Susanne Schulz ]