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In guten Händen

Lustig ist das Frauenleiden

Quizfrage: Sie heißen unter anderem „Perlentaucher“, „Rollercoaster Madness“ oder „I Rub My Duckie“, es gibt sie auch mit Fernbedienung, und sie sind – nach Diamanten natürlich – die besten Freunde einer Frau. Wovon reden wir also? Richtig lag, wer sofort an Vibratoren dachte. Glückwunsch. Nun sind die befriedigenden Teilchen weder vom Himmel gefallen, noch hat Beate Uhse sie erfunden. Stellt sich Frage 2: wer dann?

Vorliegender Film schreitet zur Aufklärung, entführt ans Ende des 19. Jahrhunderts in London und macht uns mit Mortimer bekannt, einem jungen Arzt, dessen Idealismus und progressives Denken jede Anstellung torpedieren. Doch schließlich kommt er bei Dr. Dalrymple unter, dessen Spezialgebiet das seuchenartig um sich greifende Damenproblem „Hysterie“ darstellt. Unter selbiges Krankheitsbild fällt so ziemlich alles: Schlafstörungen, Erschöpfung, primär aber unangepaßtes Verhalten. Einzige Abhilfe schaffen, wie Dr. Dalrymple weiß, fachmännische Massagen der Vulva, bloß bitte nicht mit kalten Fingern. Mortimer legt also Hand an. Daß der neue Doc ein fescher Bursche ist, spricht sich herum, die Praxis boomt. Und schließlich gibt es da noch Dalrymples Töchter – phrenologisch interessiert die eine, emanzipierter Freigeist die andere ...

Über weite Strecken hätte das ganz fix zur verschämt-schlüpfrigen Nachtmär eines „Ruf ... mich ... an!“-Privatsenders abgleiten können, und tatsächlich schrammt mancher Gag nur knapp am Klamottigen vorbei. Aber knapp reicht eben trotzdem aus, um nicht wegzurutschen, zumal Regisseurin Tanya Wexler ausgleichend ein superbes Ensemble verpflichten konnte und immer genug weibliches Einfühlungsvermögen zeigt, wenn sie nicht sowieso gerade quer durch die Regeln gelungener Komödien pirscht: etwas Ernsthaftigkeit hier, kleine Prisen Zynismus dort, abgeschmeckt mit Witz in Wort und Bild, ein wenig Respektlosigkeit als Extra. Ob sich zum Beispiel Verdi je hätte träumen lassen, daß seine „La Traviata“ einst von einer drallen, breitbeinig auf dem Untersuchungstisch liegenden Sopranistin beim Orgasmus geträllert werden würde?! Da muß selbst modernes Regietheater passen.

Zwar überrascht es schließlich kein Stück, wer wem am Ende ewige Liebe schwört, obgleich sogar hier die letzte Szene einen niedlichen Zusatz birgt. Macht dennoch nix: Im besten Sinn hysterischer Spaß ist allemal garantiert!

Originaltitel: HYSTERIA

GB/F/D 2011, 100 min
FSK 12
Verleih: Senator

Genre: Komödie, Erotik, Romantik

Darsteller: Maggie Gyllenhaal, Hugh Dancy, Jonathan Pryce, Rupert Everett

Regie: Tanya Wexler

Kinostart: 22.12.11

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...