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Innocence – Erste Liebe, zweite Chance

Intim, fesselnd, unbequem

Was wäre, wenn man der Liebe seines Lebens begegnet? Wäre das nicht wundervoll? Gemeinsame Geheimnisse, Leidenschaft und ungeahntes Glück. Was wäre, wenn man diese Liebe verliert, durch widrige Umstände, Leichtsinn? Furchtbar, oder? Aber das Leben geht weiter, man würde sich neu verlieben, zumindest eine Familie gründen. Was wäre, wenn man nach 40 Jahren dieser großen Liebe wieder begegnet?

Andreas Borg faßt sich endlich ein Herz. Er schreibt einen Brief an Claire. 40 Jahre sind vergangen, seit sich die beiden Liebenden aus den Augen verloren, und nun wohnen sie in der gleichen Stadt. So viel hat sich verändert. Sie ist verheiratet, hat einen Sohn. Er ist Witwer mit einer erwachsenen Tochter. So wenig hat sich verändert. Er ist noch immer der warmherzige Künstler, sie nach wie vor emotional geladen, kraftvoll. Andreas und Claire verlieben sich wieder, lassen sich auf eine Affäre ein, emotional, sexuell. Schon bald keimen Zweifel über diese neu erwachten Gefühle. Claires Ehemann hält körperliche Liebe mit 70 für absurd, sein Frau gar für hilfebedürftig. Andreas wiederum kann den Tod seiner Frau schwer überwinden. Der Gedanke an die eigene Sterblichkeit wird für ihn und Claire immer gegenwärtiger.

INNOCENCE - Unschuld - wird der "großen Liebe" stets attestiert. Heilend, rein und überlebensgroß, so begegnet sie uns auf der Leinwand. Doch an diesem notwendigen und doch so pathetischen Traum scheint Paul Cox kein Interesse zu haben. Liebe ist Trauer, Schmerz, klein und rissig. Liebe ist bei ihm keinesfalls ein Universalheilmittel. Wenn Andreas und Claire sich zaghaft und gegen das Verständnis der Umwelt annähern, dringt Regisseur und Autor Cox tief in unbequeme Realitäten menschlicher Gefühlswelt ein. Mit präzisen Bildern und vibrierend realen Darstellern begibt er sich auf die Spur der Liebe. Abgenutzte Wort-hülle oder Motor des Lebens?

Es ist mutig, so unerbittlich in unseren wohlverborgenen Gefühlen zu bohren, doch früher oder später steht jeder von uns vor dem Konflikt Vernunft gegen Gefühl. Kein Film kann da helfen. Aber zumindest eine vage Idee vermitteln.

Originaltitel: INNOCENCE

Australien 2000, 94 min
Verleih: Arsenal

Genre: Drama, Liebe

Darsteller: Julia Blake, Charles Tingwell

Regie: Paul Cox

Kinostart: 31.01.02

[ Roman Klink ]