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Intime Fremde

Erotisches Scherzo für zwei Stimmen

Schwarze Romanze, lieblicher Thriller, keusches Erotikon, verschwiegene Konversationskomödie. Dieses Kammerspiel läßt sich kaum anders als in Widersprüchen beschreiben. Und daß sich hier ganz gegen jede lieb gewonnene Gewohnheit zwei begegnen, die überhaupt nicht füreinander bestimmt sind, ist nur eine der Ideen, mit denen Patrice Leconte die ausgetretenen Kinopfade zwischen Mann, Frau und Freud als geheimnisvolle Schleichwege wiederentdeckt.

Alles beginnt mit einem Irrtum. Das zumindest soll man jener seltsamen Frau glauben, die durch eine falsche Tür in Lecontes richtig gelungene Scharade um filmische Genres und lebhafte Neurosen tritt. Anna will zum Psychologen und landet beim Steuerberater William Faber: Guten Abend. So so, Eheprobleme. Aha, sie und ihr Mann schlafen nicht mehr miteinander. Als Faber endlich das fatale Mißverständnis bemerkt, ist Anna längst gegangen und ein neuer Termin vereinbart. Sie wird regelmäßiger Gast im Steuerbüro, raucht und redet freizügig, während William hinter seinem aufgeräumten Schreibtisch Augen und Ohren aufreißt.

Eine arme Irre und ein noch ärmerer Voyeur? Eine durchtriebene Femme fatale und ihr unfreiwilliger Spielgefährte? Aber wer fürchtet schon offene Fragen, wenn er vor einem Kunststück des Aus- und Weglassens steht? Nie weiß man mehr über die Figuren, als gerade zu sehen und zu hören ist. Alles andere versteckt sich als leise Ahnung zwischen dem miefigen Mobiliar der Kanzlei, hinter Fabrice Luchinis hilflosem Lächeln und der rätselhaft schönen Stirn von Sandrine Bonnaire. Ihrem Dirty Talk und ihren Geheimnissen hat Kameramann Edouardo Serra mit ausgeklügelten Bildkompositionen einen altmodisch eleganten und edlen Rahmen geschaffen. Enge Räume, ein permanenter Vorabend irgendwo zwischen Neonlicht und Kerzenschein. Es riecht nach Unheil, fühlt sich so an und sieht so aus. Und ist doch vor allem eines: amüsant.

Die Komik wächst diesem düsteren Universum aus allen Seitengängen, Fahrstühlen, Nebenfiguren und Nebensätzen. Den schönsten Hauptsatz über die Gefahren ausufernder Therapiegespräche formuliert ein echter Psychologe, den Faber sicherheitshalber konsultiert: "Wenn die Tür zum Mysterium Frau einmal offen steht, läßt sie sich schwer wieder schließen."

Originaltitel: CONFIDENCES TROP INTIMES

F 2003, 104 min
FSK 6
Verleih: Arsenal

Genre: Komödie, Thriller, Erotik

Darsteller: Sandrine Bonnaire, Fabrice Luchini, Michel Duchaussoy, Hélène Surgère

Stab:
Regie: Patrice Leconte
Kamera: Edouardo Serra

Kinostart: 30.12.04

[ Sylvia Görke ]