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Jellyfish

Ein kurzer Film über das Suchen

"Jellyfish" bezeichnet im Englischen einerseits den Schwächling und andererseits die Qualle. Beiden ist ein gewisses Treiben gemein, oftmals auch das Stranden – am Ufer des Ozeans oder eben im Leben. So gesehen, hätte man diesen Episodenfilm nicht besser betiteln können. Schwach sind sie nämlich keineswegs, unsere Handlungsträger, dafür aber existentiellen Strömungen unterworfen.

Da wäre beispielsweise die Kellnerin Batya, welche wegen ihrer nicht näher beleuchteten Vorgeschichte niemandem vertraut, oder Joy, eine Philippinin in Israel, deren Name Hohn atmet – Freude hat in ihrem Leben als Pflegerin einer groben alten Dame wenig Platz. Dagegen führt Kerens geplatzte Hochzeitsreise zur Begegnung mit einer mysteriösen Dichterin. Obwohl jede Geschichte eigenständig funktioniert, die jeweiligen Figuren allein unterschiedlich stark ausgeprägte Einsamkeit und die Suche nach einem Sinn einen, sind die Fragmente doch fein verwoben; häufig durch den heimlichen Hauptdarsteller: das Meer. Es dient als Metapher für Sehnsucht oder Abschied, aus ihm taucht auch ein kleines Mädchen auf, eine schweigende Nixe in Kindgestalt, welche sich Batya an die Fersen heftet. Und schon wären wir wieder beim eingangs entworfenen Vergleich einer wehrlos den Naturgewalten ausgesetzten Qualle.

Es gelingt dem Regisseurspaar nämlich meisterhaft, unaufdringlich das Schutzbedürfnis seiner Protagonisten zu vermitteln – die vielleicht schönste Szene zeigt Batya, wie sie im Regen vor einem Plakat ihrer berühmten Mutter steht, deren Hände sich über dem Kopf der Tochter zum Dach formen. Ein Bild, welches sich lange Zeit einprägt und exemplarisch für den poetischen, hoffnungsvollen Grundton der Erzählung steht. Er darf allerdings nicht mit milder Güte verwechselt werden, da auch grausame Momente ihren Platz finden: Wer den richtigen Zeitpunkt verpaßt, sein Leben zu ändern, strandet. Wer strandet, stirbt schlimmstenfalls.

Leiser Humor macht schließlich einen atemberaubenden Kinotraum perfekt, welcher nur einen einzigen Makel besitzt – er ist zu kurz. Man möchte mehr Zeit mit diesen Menschen verbringen, mehr über sie erfahren, mehr Anteil nehmen, mehr, viel mehr ...

Originaltitel: MEDUZOT

Israel/F 2007, 78 min
Verleih: Arsenal

Genre: Drama

Darsteller: Sarah Adler, Naama Nissim, Ma-nenita De Latorre, Zharira Charifai, Gera Sandler

Regie: Etgar Keret, Shira Geffen

Kinostart: 13.03.08

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...