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Knerten traut sich

… einen zweiten Teil zu

Da ist es also wieder, das sprechende Stöckchen. Und nach dem wundervollen ersten Teil schaut man hoffnungsvoll auf die Fortsetzung der Geschichte um den kleinen Lillebror und die quietschfidele Astgabel namens Knerten, die durch seine Phantasie zum Leben erweckt wird. Dabei verzichtet der Film auf jede Art von Einführung und schließt direkt an Teil 1 an. Er tut dies aber so geschickt, daß auch Erstgucker alles verstehen, wenngleich es wirklich lohnt, sich die Vorgeschichte noch schnell im Heimkino anzuschauen oder besseren Falls im Repertoireprogramm des Lieblingskinos.

Ein gutes Vorzeichen für den zweiten Teil: Das Ensemble vor und hinter der Kamera ist dasselbe. Und auch sonst überzeugt der Film mit all den zauberhaften Elementen, denen man bei MEIN FREUND KNERTEN schon erlegen war. Zum Beispiel die wunderschönen blassen Farben aus der Zeit, als Kodak-Zelluloid noch eine Welt bebilderte, die völlig in Ordnung zu sein scheint, und die nur durch die Ankunft eines bösartigen, verwöhnten Jungen aus dem Gleichgewicht zu bringen ist. Diese als Westernduell inszenierte erste Begegnung mit unserem Helden, die mit der Musik aus SPIEL MIR DAS LIED VOM TOD unterlegt ist, zeigt schon die ganze Klasse des Films, der, obwohl für Kinder gedacht, sich die Mühe macht, auch filmsprachlich anspruchsvoll zu sein und das Ganze auch noch mit Humor zu sehen. Das trifft genauso auf die liebevoll erdachten und durchaus gut gespielten Charaktere zu, die Ecken und Kanten haben dürfen. Wie die depressive Automechanikerin, die den Kindern einen ganzen Korb voll Eierkuchen wegißt und damit der nur auf den ersten Blick so ganz und gar heilen Welt auch dunkle Seiten abgewinnt.

Die Handlung, die kindgerecht, aber nicht kindisch den Nachwuchscineasten einiges zu bieten hat, bekommt dadurch gerade in dem Moment noch die Kurve, wo man (als Erwachsener) denkt, daß alles ein bißchen zu schön und weltabgewandt erscheint. Da nämlich hat die Mutter von Lillebror einen schweren Unfall und landet im Krankenhaus. Doch Lillebror glaubt nicht an einen Unfall, er ist überzeugt, daß seine Mutter angefahren wurde. Und weil die Erwachsenen wieder zu wenig Phantasie beweisen, macht er sich mit seinem besten Freund, dem Stöckchen Knerten, auf die abenteuerliche und unterhaltsame Suche nach der Lösung.

Wie die aussieht, was eine hölzerne Hochzeit ist, und wieso man zwei Leute braucht, um ein Auto zu fahren, sollte man sich unbedingt im Kino anschauen.

Originaltitel: KNERTEN GIFTER SEG

Norwegen 2010, 78 min
FSK 0
Verleih: Polyband

Genre: Kinderfilm, Poesie

Darsteller: Adrian Gronnevik Smith, Pernille Sorensen

Regie: Martin Lund

Kinostart: 12.04.12

[ Marcel Ahrenholz ] Marcel mag Filme, die sich nicht blind an Regeln halten und mit Leidenschaft zum Medium hergestellt werden. Zu seinen großen Helden zählen deshalb vor allem Ingmar Bergman, Andrej Tarkowskij, Michelangelo Antonioni, Claude Sautet, Krzysztof Kieslowski, Alain Resnais. Aber auch Bela Tarr, Theo Angelopoulos, Darren Aronofsky, Francois Ozon, Jim Jarmusch, Christopher Nolan, Jonathan Glazer, Jane Campion, Gus van Sant und A.G. Innaritu. Und, er findet Chaplin genauso gut wie Keaton ...