Originaltitel: LEONORA IN THE MORNING LIGHT

D/Mexiko/GB/Rumänien 2025, 103 min
Verleih: Alamode

Genre: Drama, Biographie

Darsteller: Olivia Vinall, Alexander Scheer

Regie: Thor Klein, Lena Vurma

Kinostart: 17.07.25

Leonora im Morgenlicht

Auf England, Max und Mexiko!

„Die Engländerin kann malen“, lobt der gönnerhafte Galerist die zukünftige Perle seines Portfolios. Die Perle weiß das. Da ist Leonora Carrington bereits in Mexiko heimisch geworden – und schickt sich an, eine echte Berühmtheit des Modernismo mexicano zu werden, gleich nach Frida Kahlo. Die sogenannte Alte Welt kannte Carrington nur als eine der unzähligen Musen, mit denen die Avantgardisten im Paris der 30er-Jahre ihr libidinöses Femme-enfant-Ideal ausbuchstabiert hatten. Erst Dekaden später sprach sich ihr Ruhm bis nach Good Old England herum. Die Briten behaupteten nun, sie sei ihre (!) verlorene (!) Surrealistin. Verloren? Wie leicht passiert einem so was mit dem Hausschlüssel oder der Brieftasche! Aber wie verschusselt man eine Frau dieses Formats?!

Thor Klein und Lena Vurma beschäftigen sich in ihrem überraschend konventionellen Biopic über eine Konventionenverächterin mit Fremdheit, Eigensinn und kreativer Selbstausbeutung. Als Inspiration diente dem gemischten Regiedoppel der „Leonora“-Roman der Frankomexikanerin Elena Poniatowska. 2012 kam das Buch unter der luftigen Titelei „Frau des Windes“ in deutscher Übersetzung heraus. Der Titel dieses Films wiederum zitiert ein Werk des aus dem Rheinland stammenden Regelbrechers Max Ernst. Das Gemälde entstand 1940, wohl in jenem Örtchen in der südostfranzösischen Provence, wo Leonora und Max ihre Amour fou zelebrierten. Wie eine Vorahnung des bitteren Endes und Nachhalls dieser Liebe zeigt es die Angebetete inmitten eines exotischen, vielleicht sogar mexikanischen Dschungels aus Verderblichkeit.

In Anbetracht der heiklen mentalen Verfaßtheit der Porträtierten heißt es, sich auf bedeutungsvolle Dialoge in dramatischer Lautstärke einzustellen. Obwohl Carringtons Allegorien allerhand Belege für ihren kurz angebundenen, stillen Witz bieten. Richtiger: böten. Denn ausgiebig studieren lassen sie sich hier nicht. Die vatermordenden Hyänen, das Schaukelpferd, all die Macht- und Lachtiere des verstiegenen Mädchens von englisch-irischem Industrieadel, das in Leonora für immer wohnen blieb – sie werden kurz ins Schwarz zwischen den Kapiteln geschoben, treten auf der Stelle und eilig wieder ab. Nur die dann doch außergewöhnliche musikalische Begleitung hängt länger nach. Man meint, in ihr das Knistern der Elektroschocks zu hören.

[ Sylvia Görke ]