Originaltitel: LIFE OF PI

USA 2012, 125 min
FSK 12
Verleih: Fox

Genre: Literaturverfilmung, Abenteuer

Darsteller: Suraj Sharma, Irrfan Khan, Tabu, Gérard Depardieu

Regie: Ang Lee

Kinostart: 27.12.12

26 Bewertungen

Life Of Pi

Augenschmaus mit Seele

Ein Junge und ein Tiger landen nach spektakulärem Schiffbruch zusammen auf einem Rettungsboot. Klingt nach einer Geschichte, die recht schnell vorbei sein könnte. Selbst längere Mensch-Tiger-Beziehungen – wie etwa die berühmter Magier zu ihren Hausraubkatzen – enden ja meist damit, daß das Raubtier irgendwann Hunger auf Mensch bekommt. Zum Glück aber gibt es im Literatur- und Filmbetrieb hochkreative Menschen, die selbst aus dieser recht vorhersehbar anmutenden Ausgangssituation große, bewegende Geschichten spinnen können. Yann Martel tat dies vor zwölf Jahren in seinem Weltbestseller, welchen nun Regisseur Ang Lee in jeder Beziehung meisterlich verfilmt hat.

Piscine Molitor Patel, kurz Pi genannt, wächst in den 70ern im indischen Pondicherry auf. Ein Paradies auf Erden für Pi, ist sein Vater doch Zoobesitzer und er jeden Tag von den exotischsten Tierarten umgeben. Besonders angetan hat es Pi ein bengalischer Tiger namens Richard Parker. Als Pi 17 ist, beschließt sein Vater, mit dem Zoo nach Kanada umzuziehen, um sich und seine Familie vor dem drohenden Bankrott zu bewahren. Ein gewaltiger Seesturm läßt den Frachter, der auch alle Tiere der Patels transportiert, sinken. Pi findet sich nach der alptraumhaften Sturmnacht allein auf einem Rettungsboot wieder. Vermeintlich allein, denn Richard Parker hat es auch auf das Boot geschafft. Ein harter Überlebenskampf beginnt, für Tier wie für Mensch gleichsam zermürbend.

Es ist äußerst bemerkenswert, wie gut hier Charaktere, Geschichte und Effekte verschmelzen. Der Trailer ließ bereits ahnen, welche Bilderpracht einen hier erwartet, und der zweistündige Film erfüllt diese Erwartungen auf ganzer Linie. Lee und sein CGI-Team machen in glänzendem 3D das Meer zum eigentlichen Hauptdarsteller und lassen dazu einen Tiger aus dem Rechner entspringen, der das noch junge PLANET DER AFFEN-Prequel in Sachen Tieranimation antiquiert wirken läßt. Alle Zyniker, denen vielleicht zu viel Naturkitsch schwant, dürfen zudem am Ende an einem narrativen Twist knabbern, der die farbenprächtige Geschichte nachträglich noch mit einem düsteren Schleier überzieht und zugleich die Macht des Geschichtenerzählens demonstriert. Allein technisch schon mit dem Zeug zum Meilenstein wird so auch inhaltlich alles erfüllt, was man sich als Zuschauer von einem Abenteuerfilm mit Tiefgang wünschen kann. Großes Kino!

[ Paul Salisbury ] Paul mag vor allem Filme, die von einem Genre ausgehen und bei etwas Neuem ankommen. Dabei steht er vor allem auf Gangsterfilme, Western, Satire und Thriller, gern aus der Hand von Billy Wilder, Sam Peckinpah, Steven Soderbergh, Jim Jarmusch, den Coen-Brüdern oder Paul Thomas Anderson. Zu Pauls All-Time-Favs gehören DIE GLORREICHEN SIEBEN, TAXI DRIVER, ASPHALT COWBOY, SUNSET BOULEVARD, POINT BLANK ...