Originaltitel: LITTLE MEN

USA 2016, 85 min
FSK 0
Verleih: Salzgeber

Genre: Drama, Erwachsenwerden

Darsteller: Theo Taplitz, Michael Barbieri, Greg Kinnear

Regie: Ira Sachs

Kinostart: 02.03.17

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Little Men

Vom Werden und Sein

Es ist ein Häuschen in Brooklyn, das Theaterschauspieler Brian Jardine von seinem verstorbenen Vater erbt. Was ihm, trotz aller Trauer, gerade recht kommt. Denn die Theaterjobs sind lausig bezahlt, und daß deshalb vor allem Ehefrau Kathy das Geld nach Hause bringt, frißt auf Dauer doch am Selbstwertgefühl. So ziehen Brian und Kathy mit Sohn Jake guter Dinge ins neue Domizil. Daß in dessen Erdgeschoß die so herzliche wie resolute Leonor eine kleine Mode-Boutique betreibt, scheint ebenfalls von Vorteil: Freundet sich doch zum einen Leonors nicht minder resoluter Sohn Tony mit dem eher scheuen Jake an. Und läßt sich zum anderen die prekäre Finanzsituation der Jardines mit einer völlig legitimen Mieterhöhung für Leonores Laden aufbessern. Genau da allerdings setzen die Probleme ein: Leonor nämlich ist schlicht nicht in der Lage, mehr zu bezahlen. Der Laden wirft zu wenig ab. Ein Dilemma. Und ein Konflikt, der eskaliert.

Wie leicht, unaufgeregt und klar man doch so eine Geschichte erzählen kann! Mit welcher Natürlichkeit in den Szenen und der Figurenzeichnung. Mit welcher Menschenkenntnis und Lebensklugheit. Nicht, daß das bei einem Regisseur wie Ira Sachs überraschen würde. Wer Independent-Arbeiten wie THE DELTA oder FORTY SHADES OF BLUE kennt (kam eigentlich je ein Regisseur mit einem Film näher an John Cassavetes heran als hier?), wer sich gern an den Biß von MARRIED LIFE oder die Melancholie von LOVE IS STRANGE erinnert, weiß, daß man bei Sachs gut aufgehoben ist.

Das Besondere nun an LITTLE MEN ist, daß sich der Erzählblick – der Filmtitel läßt es ahnen – der kindlichen Perspektive von Jake und Tony annimmt. Allerdings, und auch das ist etwas Besonderes, ohne die Erwachsenen zu diskreditieren, ohne diese abgedroschene Ach-die-reinen-Kinderherzen-Sentimentalität zu hofieren. Wie bei jedem Dilemma gibt es hier kein Richtig und Falsch, und das gilt dann auch für das rigorose Schweigen, in das die Jungs sich den Erwachsenen gegenüber bald hüllen. Ein Protest, eine Verweigerung, eine Belastung. Die in einem emotionalen Ausbruch gipfelt, ob dessen man unter anderem wieder mal nur staunen mag, wozu Kids schauspielerisch so in der Lage sein können. Was indes nicht der Schlußpunkt ist in diesem Film, der vom Erwachsenwerden und Erwachsensein spricht mit jener Art Wissen, das nichts besser weiß – und genau deshalb bereichert.

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.