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Lost Killers

Mannheim hat noch andere Kinder

"Guck mal!" Kaum hat sie es ausgesprochen, reißt Lan mit beiden Händen ihre Lippen auseinander, um der Kollegin ihr ruinöses Gebiß zu offenbaren. Die vietnamesische Nutte will Geld verdienen, um ihre Zähne in Ordnung bringen zu lassen, doch die Freier bleiben aus verständlichen Gründen zurückhaltend. Nur Carlos läßt sich weder von Geruch noch Anblick schrecken und geht mit - der Beginn einer großen Liebe.

In den tristen Industrievierteln von Mannheim (Endlich mal nicht Berlin!) ist eine eingeschworene Gemeinschaft aus aller Herren Länder versammelt, die den Multikulti-Alpträumen der deutschen Rechts-Außen das Sahnehäubchen aufsetzt: Prostitution und Kriminalität - und das auch noch mehrsprachig! Auch wenn Regisseur Dito Tsintsadze die krassen Details dieses Milieus nicht ausspart, handelt es sich hier keinesfalls um eine pädagogisch verwertbare Sozialstudie, sondern eine anarchische Komödie, die über die Grenzen milder Ironie weit hinaus schießt. Visuell und verbal dominiert ein konsequent durchgehaltener Schmuddellook, der ob einer kaum versteckten Lust am Ekelhaften letztendlich Geschmacks-sache bleibt, genau wie einige Spielereien mit Perspektive und Bildschärfe, die man in der ersten Verwunderung dem Filmvorführer anlasten möchte.

Tsintsadze erzählt lakonisch von einer neuen deutschen Generation X. Seine Helden müssen ohne den doppelten Boden von schmeichelndem Rotlicht-Charme oder mittlerweile geadeltem Ghetto-Feeling american style auskommen. Die Nutten sind nicht von morbider Schönheit, die Killer nicht von durchtriebener Schläue. Und wenn der Kroate Branko und der Georgier Merab sich neben dem Mordauftrag an einem zwielichtigen Russen auch noch mit Brankos bettlägeriger Mutter und ihrer Schmutzwäsche herumschlagen müssen, wird man dem Film nicht nur komische sondern geradezu physische Wirkung zugestehen und sich auf das nächste Stück wirklich guter Seife freuen.

D 2000, 101 min
Verleih: Advanced

Genre: Schräg, Komödie

Darsteller: icole Seelig, Franca Kastein, Ferreira Alves, Lasha Bakradze, Misel Maticevic, Elie "James" Blezes

Regie: Dito Tsintsadze

Kinostart: 02.08.01

[ Sylvia Görke ]