Originaltitel: LOVE, ROSIE

GB/D 2014, 102 min
FSK 6
Verleih: Constantin

Genre: Romantik, Tragikomödie, Literaturverfilmung

Darsteller: Lily Collins, Sam Claflin

Regie: Christian Ditter

Kinostart: 30.10.14

1 Bewertung

Love, Rosie

Wie Zweien das Leben dazwischenkommt

So wurmfortsatzartige Unterzeilen bei Filmtiteln sind oft schrecklich, banal und pennälerhaft. Hier aber kriegt das „Für immer vielleicht“ geradezu substantielle Bedeutung, weil sich in knappen Worten all die blöde Zerrissenheit widerspiegelt, die einen befällt, wenn man verliebt ist, wenn man Chancen sieht – und sie sausen läßt! Weil man feige ist, Angst vorm Korb hat, weil aus jahrelanger Freundschaft einfach nicht mehr werden darf, oder eben, weil man geknutscht hat und dabei rotzbesoffen war.

So ähnlich läuft es nämlich zwischen Rosie und Alex, seit ihrer Kindheit beste Freunde, die sich alles anvertrauen, ihre Träume erzählen, und die beide demnächst nach Boston gehen wollen, um zu studieren. Richtige Freunde eben – und dabei erkennt der berühmte Blinde mit Krückstock, daß, wenn es ein perfektes Paar im modernen romantischen Kino geben kann, es die beiden sein müssen. Doch es kommt immer etwas dazwischen, dieses Mal war der Alkohol schuld, und schon geht man wieder auf Distanz. Die so richtig wehtut, weil die blonde Bethany-Bitch schneller war, und Alex plötzlich Rosie eine SMS schickt: „Virginboy No Longer!“ Da sind wir mittendrin in diesem echt fiesen „Ich-mach‘-Dich-eifersüchtig“-Spiel, das ohnehin zu nix als mittleren Katastrophen führt. Oder größeren: Rosie krallt sich im Gegenzug das depperte Sixpack Greg, der Gummi bleibt stecken, Rosies Zukunft: junge Mama.

Das ist der Auftakt zu einer Liebesodyssee, die wirklich anrührt. Zum einen, weil in Christian Ditters internationalem Debüt den Figuren echte Brüche zugemutet werden, gerade für Rosie kracht die Lebensplanung völlig zusammen, alles lief bisher wie in einer feinen Excel-Tabelle, plötzlich streikt die Summenformel. Und zum anderen erzählt LOVE, ROSIE weitaus konsequenter als übliche RomComs davon, wie so ein durchgeschütteltes Leben weitergehen kann, wie unterschiedlich Lebenswege sind, und wieviele Durchkreuzungen und Wiederbegegnungen es manchmal braucht, um dann doch ... für immer vielleicht?

Über zwölf Jahre begleitet der Film seine Figuren: Alex lebt das etwas seelenlose Luxusleben eines Durchstarters mit blondem Langbein an seiner Seite, Rosie windelt, lernt im Hotelwesen, hat den Verlust des geliebten Vaters zu verkraften, und wenn die beiden sich immer mal wiedersehen, dann sind die Blicke eigentlich die alten. Das Leben kommt ihnen dazwischen, so knapp vor dem Kuß verpassen sie sich dann doch wieder. Sam Claflin spielt den Alex in einer faszinierenden Ambivalenz, dieser Typ ist halt einer, der leichtere Entscheidungen bevorzugt, weil ihm bewußt ist, daß das sinnvollere Leben nun mal komplizierter ist. Und auch wenn Lily Collins das alterslose Schneewittchen nicht ganz abschütteln kann, sie spielt die sich durchboxende, alleinerziehende Mutter glaubwürdig, die müden Augen in einem erschöpften Gesicht sprechen Bände.

Der Film stellt auf sympathische Weise die Frage, welches Leben das richtige ist, er hat neben allem Bekenntnis zu einer Liebe auf Umwegen etwas Märchenhaftes, gar Verträumtes, keine Frage, und doch fiebert man mit diesen Königskindern, die sich ständig verpassen, heftigst mit, Träne im Knopfloch inklusive. Klar, das ist teils schon richtig fett, der Kitschfaktor aber genau so dosiert, daß man dranbleibt. Und mal ehrlich: Es ist doch alles andere als reaktionär, wenn sich ein Film derart zu aufrichtiger Liebe bekennt. Wenn man nicht einmal mehr an die wahre Liebe glaubt, woran bitte soll man in dieser verkorksten Welt noch glauben? Eben!

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.