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Ma Ma

Heilige Penélope!

Der Ursprung der Liebe ist bei Julio Medem zunächst mal das geballte Unglück. Am Anfang seines neuen Filmes rafft er davon so viel zusammen, wie er kriegen kann: Magda sieht ihrer Arbeitslosigkeit entgegen, während ihr Mann sie gerade für eine Jüngere verläßt, und sie bekommt eine Brustkrebsdiagnose, von der sie niemandem erzählt. Dann lernt sie einen Mann kennen, der sich als Talentscout für ihren Fußball liebenden Sohn als sehr nützlich erweisen könnte. Noch im selben Gespräch erhält er einen Anruf: Seine Frau und seine Tochter sind tödlich verunglückt.

Jeder denkbare Film wäre damit hoffnungslos überfrachtet. Doch Medems Filme folgten schon immer ihrer ganz eigenen verschrobenen Gesetzgebung. Die Liebe, so pathetisch das auch scheinen mag, darf bei ihm tatsächlich wie Phönix aus der Asche steigen. Und sie hat das Gesicht von Penélope Cruz. Auch das gehört zur visuellen Eigenlogik des Filmes. Sie verkörpert eine Frau, die auf seltsame Weise auf dem Tiefpunkt ihres Lebens von einer Glückswelle erfaßt wird.

Und damit hat die erzählerische Verschachtelung gerade erst begonnen. In Medems Universum ist es vollkommen klar, daß Magda nicht nur dem Fußballscout Aturo auf die Beine hilft und ihn als strahlende Königin zum Ersatzvater ihres Sohnes kührt, sondern zugleich auch noch mit ihrem singenden Gynäkologen eine geheimnisvolle erotische Allianz schmiedet. Es ist auch ganz klar, daß vor der immer schöner werdenden Patientin am Strand die Krabben erröten und sich vor ihr verneigen.

Das Universum Julio Medems (DIE LIEBENDEN DES POLARKREISES, LUCIA UND DER SEX) ist durch und durch enigmatisch und dem Leben zugwandt, das sich aber erst in seiner Tragik so richtig zeigt. Unter den großen spanischen Melodramatikern ist er sicher einer der größten und ganz sicher der romantischste. Wie stets fließen märchenhafte und mythologische Elemente mit ein und machen das Kino zu dem, was es im besten Falle sein kann: eine eigene Welt für sich, in der es keine Grenzen gibt.

Das heißt, da wäre noch Medems Neigung zur Philosophie, die jeweils in der zweiten Hälfte seiner Filme gefährlich nah an die Esoterik heranreicht und letzlich dann doch über das Ziel hinausschießt. Diesmal ist er der Gefahr noch so halbwegs entkommen. Also nicht ganz. Aber sei es drum. Gehen wir nicht auch ins Kino, um zu heulen? Eben.

Originaltitel: MA MA

Spanien 2015, 111 min
FSK 12
Verleih: MFA

Genre: Drama, Schicksal

Darsteller: Penélope Cruz, Luis Tosar, Asier Etxeandia, Teo Planell

Regie: Julio Medem

Kinostart: 30.06.16

[ Lars Meyer ] Im Zweifelsfall mag Lars lieber alte Filme. Seine persönlichen Klassiker: Filme von Jean-Luc Godard, Francois Truffaut, Woody Allen, Billy Wilder, Buster Keaton, Sergio Leone und diverse Western. Und zu den „Neuen“ gehören Filme von Kim Ki-Duk, Paul Thomas Anderson, Laurent Cantet, Ulrich Seidl, überhaupt Österreichisches und Skandinavisches, außerdem Dokfilme, die mit Bildern arbeiten statt mit Kommentaren. Filme zwischen den Genres. Und ganz viel mehr ...