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Mandela

One-Man-Show für einen ganz Großen

Daß Biopics dazu tendieren, ihre Hauptfiguren größer, bewundernswerter und strahlender darzustellen, als sie im wahren Leben tatsächlich waren, liegt in der Natur der Sache beziehungsweise des Mediums, stellen Kinobilder doch in der Regel eine Vergrößerung und Überhöhung der Wirklichkeit dar. Im Falle von Nelson Mandela scheint eine Übersteigerung der Strahlkraft dieses Mannes allerdings schwer möglich. Vielmehr lag die Herausforderung für Regisseur Justin Chadwick darin, einen Darsteller zu finden, dessen Ausstrahlung an die des Originals annähernd heranreicht.

In dieser Hinsicht ist Chadwicks aufwendiges Biopic ein voller Erfolg geworden. Denn obwohl der britische Darsteller Idris Elba, bekannt vor allem aus TV-Serien wie THE WIRE oder LUTHER, den echten Mandela mindestens um einen Kopf überragt und auch von seiner sonstigen Physis her etwas aus der Rolle fällt, scheint allein er fähig, diesen geschichtsüberladenen Film zu stemmen und über die bisherigen filmischen Annäherungen an Mandelas Leben hinauszuheben. Elbas schauspielerische Leistung sorgt dafür, daß das Hauptproblem des Films, zu viel von Mandelas eindrucksvoller, erschütternder und über alle Maßen inspirierender Biographie in zweieinhalb Stunden Film pressen zu wollen, nicht zum Erstickungstod der einzelnen Kapitel führt. Denn Elba läßt auch jene Szenen aufregend und lebendig wirken, die man von Inszenierung und Impetus her schon unzählige Male in Lebensabhandlungen anderer Geschichtsgrößen gesehen hat.

Verhindern kann Elba angesichts der vielen Stationen, die MANDELA auf seinem Fahrplan hat, dennoch nicht, daß man als Zuschauer ein Grundgefühl der Eile auf dieser filmischen Reise nicht ablegen kann. Bei einem Pensum von 52 Lebensjahren in 139 Minuten kommen zwangsläufig Lebensabschnitte unter die Räder, geraten wichtige Mitstreiter, Gefolgsleute sowie Gegner zu eindimensional. Einzig Mandelas Ehefrau Winnie, eindrucksvoll gespielt von Naomie Harris, kann im großen Schatten von Elbas Mandela noch halbwegs mitglänzen.

MANDELA ist eine filmische One-Man-Show geworden. Einerseits reicht das nicht zum ganz großen Wurf als auf Film gebannter Nachruf – andererseits kann einem Werk über eine herausragende Persönlichkeit auch wahrlich Schlimmeres passieren als ein alles überragender Hauptdarsteller.

Originaltitel: MANDELA: LONG WALK TO FREEDOM

GB/Südafrika 2013, 139 min
FSK 12
Verleih: Senator

Genre: Biographie

Darsteller: Idris Elba, Naomie Harris, Tony Kgoroge

Regie: Justin Chadwick

Kinostart: 30.01.14

[ Paul Salisbury ] Paul mag vor allem Filme, die von einem Genre ausgehen und bei etwas Neuem ankommen. Dabei steht er vor allem auf Gangsterfilme, Western, Satire und Thriller, gern aus der Hand von Billy Wilder, Sam Peckinpah, Steven Soderbergh, Jim Jarmusch, den Coen-Brüdern oder Paul Thomas Anderson. Zu Pauls All-Time-Favs gehören DIE GLORREICHEN SIEBEN, TAXI DRIVER, ASPHALT COWBOY, SUNSET BOULEVARD, POINT BLANK ...