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Metaller, die auf Brüste starren

Von Titten träumend Bier trinken und E-Gitarren lauschen – ein Glücksbericht

Im Grunde ist das eine recht vernünftige Sache. Für eine ganz bestimmte, begrenzte Zeit im Jahr die Sau rauszulassen. Den Alltag, das normale, das reglementierte Leben exzessiv rauszuschwitzen. Tanzend und saufend und grölend. Die ollen Griechen hatten dafür ihre dionysischen Orgien, der gemeine Mittelstands-Mitteleuropäer heute fährt dafür etwa nach Wacken.

Dorthin, wo eben alljährlich eines der weltgrößten Heavy-Metal-Open-Air-Festivals stattfindet. Und mag die Musik für die Fans dabei der Hauptgrund für ihre Anwesenheit hier sein, so gibt sie doch gleichzeitig auch den Takt vor, für all das, was außer den Konzerten dort noch so abgeht auf dieser Campingplatz-Schlammwüste jenseits der Bühne. Ein Dokumentarfilm hat genau das nun protokolliert. Mit Wackelkamera, desaströsem Ton und einer Montage, die so subtil ist wie das Schlagzeug bei Slayer.

Was alles nichts macht. Weil man schon nach drei Minuten das Wesentliche weiß. Aussage von Fan Nummer 1: Der reife, erwachsene, verantwortungsbewußte Bürger hat hier nichts verloren. Aussage von Fan Nummer 2 (eine Liedzeile zitierend): Das Schlimmste ist, wenn das Bier alle ist. Aussage von Fan Nummer 3 (ist keine wirkliche Aussage mehr, sagt aber einiges aus): An alle Frauen der Welt – fickt mit mir!

Ein Punkt, der ein wenig auf die Wermutstropfen verweist, die in diesen Bierorgien mit Metal-Soundtrack schwimmen: So richtig viel Frauen sind, bis auf umjubelte Ausnahmen, dann nämlich nicht wirklich dabei. Weshalb vielleicht ein passenderer Titel für den amüsanten ethnologischen Exkurs, den der „Offene Kanal Bad Offenbach“ (was immer genau dieser Kanal denn auch ist) hier hin zu den Grenzen des guten Geschmacks unternimmt, METALLER, DIE VON BRÜSTEN TRÄUMEN gewesen wäre.

Davon abgesehen dokumentiert dieses Filmchen einen fröhlichen Dilettantismus, die ebenso fröhliche Unbekümmertheit einer Gruppe von Freunden, die in ihrem normalen Leben durchaus reife, erwachsene und verantwortungsbewußte Bürger sind. Und wem das alles zu sehr nach blödem Home-Video aussieht (und es sieht verdammt oft so aus), dem sei hier mit einem Anflug von Großherzigkeit gesagt: muß so sein. Ist authentisch. Prost!

D 2011, 91 min
Verleih: OKBO

Genre: Dokumentation, Musik

Regie: Dimitry April

Kinostart: 09.06.11

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.