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Miffo

Sind Schweden die besseren Dänen?

Es muß sich etwas ändern, das weiß Tobias genau. Der frischgebackene Priester predigt vor alten Leuten, wohnt bei der einfältigen Ex-Freundin Jenny, nur um nicht bei den Eltern zu leben, und auch sonst bohrt er das Brett stets an der dünnsten Stelle an. Aber damit ist Schluß. Die Arbeit in einem tristen Vorort kommt ihm da sehr gelegen. Hier, wo die vorherrschende Farbe "Beton" heißt, wird seine Hilfe doch sicher gebraucht. Da kann die Kirche doch Wunder tun. Denkste, sein Vorgänger wundert sich angesichts derart naiver Ideale: "Das ehrwürdige Schiff sinkt, Zeit für die alte Ratte abzuspringen!" Doch Tobias läßt sich nicht beirren, er will das Gotteshaus mit Leben füllen, Gutes tun. Eine echte Herausforderung schickt ihm der Himmel in Form der hübschen Carola. Sie ist vulgär und raucht ohne Pause. Wenn sie nicht gerade den Sozialarbeiter in Verlegenheit bringt, klaut sie, um zu spüren, daß sie noch lebt. Und sie sitzt im Rollstuhl. Völlig überfordert von derart viel Realität, sucht Tobias wieder den leichteren Ausweg. Vorerst.

Authentisch, witzig und stets mitten in der sozialen Realität - solche tollen Filme kommen meist aus ... richtig, Dänemark! Seit einigen Jahren konkurrieren sie mit den Briten um das Gütesiegel "lebensnahes Kino". Und nun das: Der Schwede Daniel Lind-Lagerlöf füllt MIFFO mit soviel Humor und Herzblut, als hätte es DOGMA nie gegeben. Die Kamera wirbelt, die Ereignisse sprinten und schlagen Haken. Mittendrin kämpft ein perfekt besetzter Jonas Karlsson als Tobias gegen den inneren Schweinehund und die bösen Überraschungen des Lebens. Wenn er seine Backfischfreundin Jenny zu ehelichen gedenkt, wünscht man sich innig, er würde mit Carola vor dem Altar stehen. Wird er auch, als Priester. Mit seiner umwerfenden Mischung aus Edward Nortons bübischem Charme und Al Pacinos monumentalem Charisma hat Karlsson das Publikum in der Hand.

Daß in manchen Szenen bei dem Seiltanz zwischen Komödie und Drama ein Fuß unsicher nach dem Weg tastet, stört nicht. Da passiert es auch mal, daß Bonnie Tyler "It’s a Heartache" röhrt, weil es halt Carolas Lieblingslied ist. Schon verziehen, denn MIFFO erzählt von Liebe, sozialen Gefällen und goldenen Vibratoren, und zwar so herzlich, daß man ewig zusehen will.

Originaltitel: MIFFO

S 2003, 98 min
Verleih: Arsenal

Genre: Tragikomödie

Darsteller: Jonas Karlsson, Livia Millhagen

Regie: Daniel Lind-Lagerlöf

Kinostart: 16.09.04

[ Roman Klink ]