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Nanga Parbat

Viel Gebirge, zwei Brüder, ein Gipfel

Wenn Joseph Vilsmaier und Reinhold Messner einen Film machen, dann darf man getrost von einem Gipfeltreffen sprechen. Nicht nur, weil es um den Achttausender im Westhimalaya geht, den der nationalsozialistische Jargon einst als „Schicksalsberg der Deutschen“ vereinnahmte. Hier kommen auch zwei Gigantomanen ihrer Zunft zusammen, die kaum einen Berg ausgelassen haben. Extremkletterer Messner zeigt sich höchstens für Talkshows in Tälern. Und um Regisseur Vilsmaier in seine von gefühliger Ergriffenheit und/oder Heimatsinn durchwehten filmischen Hochebenen nachzusteigen, fehlt so manchem Flachländer, geschweige denn Kritiker/in, regelmäßig die Puste. Kurz: Wenn der Berg ruft, sind die beiden zur Stelle. Wie weit hinauf kann so eine Seilschaft erst gemeinsam gehen?!

Das Ziel ist so hochtrabend wie naheliegend: Messners eigenes Nanga-Parbat-Trauma, Gegenstand hartnäckiger Schulddebatten, mehrerer Rechtfertigungsbücher, hier geschildert ohne spürbare Lust auf faktische Kontroversen. 1970 schlossen sich Messner und sein Bruder Günther einer Expedition um den Arzt Karl Herrligkoffer an, um den Nanga Parbat zu besteigen. Als das schlechte Wetter den Erfolg zu vereiteln droht, geht Messner allein weiter. Sein Bruder folgt ihm heimlich – ohne einen Gedanken an seine eigentliche Aufgabe, die Sicherung des Abstiegs, zu verlieren. Den Gipfel erklettern sie noch gemeinsam, doch der Rückweg gerät zur Katastrophe. Das Tal wird Günther nicht mehr erreichen ...

Gerahmt von der Knabenzeit der Brüder und dem Anrennen des Überlebenden gegen Schuldvorwürfe nach Ende der Expedition, entspinnt sich ein von Schnee und Ödemen getriebenes Bergsteigerdrama, dem die Regie immer wieder mit Pathos in die Steigeisen greift. Vilsmaier, in dieser Hinsicht völlig unverdächtig, behauptet tapfer, er habe „die Psychologie“ im Sinne gehabt. Weil davon aber so wenig, vom „nackten Berg“ und Messners sympathiegetragener Selbstwahrnehmung hingegen um so mehr zu sehen ist, stellen sich andere Fragen. Wie war das, zum Beispiel, mit dem Berg und dem Propheten?

Nun, auch Vilsmaier ist für Luftaufnahmen am Nanga Parbat gewesen. Aber ein Stück mußte ihm der Berg schon entgegenkommen, nämlich zu Studiomontagen mit Ersatzgebirgen im Südtirol. Die allerdings sind hübsch geworden und würden einem Bildband zu Ehre gereichen.

D/Pakistan 2009, 100 min
FSK 6
Verleih: Senator

Genre: Drama

Darsteller: Florian Stetter, Andreas Tobias, Karl Markovics, Volker Bruch, Jule Ronstedt, Lena Stolze

Stab:
Regie: Joseph Vilsmaier
Drehbuch: Reinhold Messner, Sven Severin
Kamera: Joseph Vilsmaier

Kinostart: 14.01.10

[ Sylvia Görke ]