Originaltitel: NATHALIE

F 2004, 105 min
Verleih: Concorde

Genre: Erotik, Drama, Liebe

Darsteller: Emmanuelle Béart, Fanny Ardant, Gérard Depardieu

Regie: Anne Fontaine

Kinostart: 05.08.04

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Nathalie

Grenzgängerisches Spiel um die Liebe

Catherine ist eine schöne, ehrwürdige Frau. Sie betreibt erfolgreich ihre Arztpraxis, ist mit Bernard verheiratet, und sie haben einen ganz prächtigen, erwachsenen Sohn. Doch die Fassade familiärer Harmonie kriegt arge Risse, als Catherine in stiller Vorahnung die Mailbox Bernards abhört. Sie erfährt von einer heißen Affäre und stellt ihn schließlich zur Rede. Die Ehrlichkeit Bernards schmerzt, der (sexuelle) Motor ihrer Ehe hat lange geleckt, jetzt scheint das Öl komplett abgelaufen. In ihrem tief verletzten Stolz reagiert Catherine, wie sie nur reagieren kann: irrational.

Sie trifft in einem privaten Sexclub auf die schöne, schmollmündige Marlene. Sie soll Bernard verführen und anschließend Catherine jedes kleine Detail berichten. Catherine will verstehen. Marlene willigt ein, sie wird zu Nathalie und versorgt Catherine mit aufheizenden Berichten ihrer Begegnungen mit Bernard. Catherine spürt nach und nach ihr eigenes sexuelles Begehren wieder, und am Ende dieser grenzgängerischen Expedition wird Ernüchterung, Traurigkeit und Hoffnung dem Experiment auf dem Fuße folgen ...

Anne Fontaines bizarr anmutende Geschichte kann verschieden interpretiert werden. Sicherlich ist sie der masochistische Gang einer verletzten Frau, die an die Liebe glaubt, die sie zurückerobern will - wenn auch mit heiklen Mitteln. Die Tatsache, daß der Betrachter schnell mehr weiß als Catherine, schmälert den Reiz dieses Erotikums keinesfalls, es verdichtet vielmehr das Tragische aller Figuren. Fontaines Film kann aber auch als Erwachen verstanden werden: Bernard und Catherine entlarven die Ehe als drohende Sackgasse vielleicht gerade noch rechtzeitig, muten sich dennoch weiterhin gegenseitig Verletzungen auf dem Weg zum Neuanfang zu. Irgendwann fällt der Satz "Weil es einmal schön war". Das läßt sich unterschiedlich betonen.

NATHALIE ist aber auch die Geschichte zweier Frauen, die verschiedener nicht sein können, die aber eins verbindet: noch immer sind sie in ihrer Verwundbarkeit die naiven Mädchen, die sie einst waren. Diese Fragilität, die teils mit der Sorglosigkeit junger Katzen und teils mit einer dreisten Chuzpe zu übertünchen versucht wird, bestimmt das fabelhafte Zusammenspiel zweier schöner und charismatischer Darstellerinnen: Fanny Ardant und Emmanuelle Béart. Auch der verschlankte Depardieu bewegt sich in diesem rätselhaften, spannend und klug erzählten Drama beinahe elegant, zumindest endlich mal wieder weit entfernt von der Poltrigkeit seiner letzten Arbeiten. Ein irritierender, aber beeindruckender Ausflug zum Nukleus einer stockenden Liebe.

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.