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¡No!

Werbung übertragen auf Politik

Der chilenische Militärmachthaber Augusto Pinochet war 1988 gezwungen, sich einem Referendum zu stellen, um sich für eine weitere Amtszeit zu legitimieren. Was in den Augen des Regimes nur ein Pro-Forma-Akt werden sollte, führte überraschend zur Abwahl des Diktators. Der Film von Pablo Larraín thematisiert die von der Opposition initiierte ¡No!-Kampagne.

¡NO! ist ein Grenzgänger zwischen Spiel- und Dokumentarfilm. Er basiert auf historischen Tatsachen, die Filmprotagonisten jedoch sind weitgehend fiktiv. Hauptfigur ist René Saavedra, ein junger aufstrebender Werbefachmann. Im Grunde eher ein unbedarfter Typ, die politischen Verhältnisse läßt er lieber außen vor, viel mehr beschäftigen ihn seine auseinanderbrechende Ehe und die Sorge um seinen kleinen Sohn. Es ist vor allem sportlicher Ehrgeiz, der ihn die Leitung der ¡No!-Kampagne übernehmen läßt. Schnell wird klar, daß mit düsteren Anklagen gegen das Pinochet-Regime das Referendum nicht zu gewinnen sein wird. Also muß Licht her, Leidenschaft, Witz, Sänger und Tänzer, kurz: ein umfassendes Glücksversprechen. Das Ergebnis von Saavedras Bemühungen erinnert zwar mehr an einen Coca-Cola-Spot als an eine politische Kampagne, der Erfolg jedoch gibt ihm recht.

Rund 30 Prozent des Filmes sind Archivaufnahmen, so wurden viele der originalen Kampagnenspots verwendet. Trotzdem gibt es keinen ästhetischen Bruch zwischen Archiv- und Spielfilmszenen, für den Zuschauer ist es mitunter schwer zu unterscheiden, was historisches Material ist und was Fiktion. Diese Illusion gelingt durch einen genialen Kunstgriff des Regisseurs: Der gesamte Film wurde mit originalen Umatic-Kameras aus den 80ern im fast quadratischen 4:3-Format gedreht. Die Bilder wirken dadurch leicht verschwommen und farbverfälscht, was heutige Sehgewohnheiten zunächst irritiert.

Larraín inszeniert die Geschichte der ¡No!-Kampagne als schwarze Komödie, Heiterkeit und subtile Bedrohung folgen oft unvermittelt aufeinander. Schon seine früheren Filme TONY MANERO und POST MORTEM handelten von der drückenden Atmosphäre während der Pinochet-Diktatur. Dabei kann Larraín sich auch bei ¡NO! wieder auf sein exzellentes Ensemble verlassen. Erneut ist der wunderbare Alfredo Castro mit von der Partie. Die Hauptrolle übernahm diesmal jedoch der Mexikaner Gael García Bernal, der die Figur des René Saavedra mit der von ihm gewohnten Intensität verkörpert.

Originaltitel: ¡NO!

Chile 2012, 118 min
FSK 6
Verleih: Piffl

Genre: Dokumentation, Polit, Experimentalfilm

Darsteller: Gael García Bernal, Alfredo Castro, Antonia Zegers

Regie: Pablo Larraín

Kinostart: 07.03.13

[ Dörthe Gromes ]