1 Bewertung

Nothing Personal

Viel Stille um (fast) Nichts

Man kann einen Film schon mögen, weil der Dialog nicht geschwätzig ist, und weil er ohne Soundtrack auskommt. Dann eignen sich meist Wendungen wie „ruhiger, beinahe dokumentarischer Stil“, und noch davor ist natürlich das Loblied auf die Hauptdarsteller zu plazieren. Durch diese „atmet“ und „lebt“ der Film wahlweise – manchmal ist es beides, was der Logik nicht entbehrt. NOTHING PERSONAL ist so ein Film. Der Dialog ist nicht gerade ausufernd, ein Soundtrack abwesend, und im „beinahe dokumentarischen Stil“ heftet sich die Kamera an die Fersen einer von zwei Hauptfiguren, durch die der Film „atmet“ – erstens gibt es weiter keine Figuren, und zweitens fällt die Handlung spartanisch aus, wo also sollte die Kamera sonst hinschauen?

Das alles kann man des Lobes wert oder hintergründig finden, hier paßt leider genauso gut: unausgegoren und eigentlich langweilig. Dabei verheißt der Auftakt noch Aufbruch und ist in schönen Bildern erzählt: Anne, in einem Alter, wo man schon eine Geschichte hat, schaut aus dem Fenster ihrer leeren Wohnung auf Passanten, die angehalten haben, um sich ihrer dort abgestellten Habseligkeiten zu bemächtigen. Dann streift sie sich den Ring vom Finger, und bald sehen wir sie – mit nur leichtem Gepäck – unterwegs. Von Amsterdam nach Irland, in die Einsamkeit führt ihr Weg, und schnell ist klar, daß diese Frau weder Mitleid braucht noch Hilfe – sie braucht und sucht nur das Alleinsein. Dann aber trifft sie auf einen, der auch einsam ist …

Die polnische Regisseurin Urszula Antoniak, wohnhaft in den Niederlanden, legt mit NOTHING PERSONAL ihr Debüt vor, und man will ihr das nicht vermiesen. Trotzdem: Das ausgiebige Schweigen der beiden (und einzigen) Hauptfiguren ist hier nicht genug. Die fotogene Kulisse des regennassen Irlands will nicht recht als Deutungsebene herhalten, und aus der Konstellation „einsame Reisende“ und „seßhafter Eremit“ entwickelt sich nicht wirklich Überraschendes. Es gibt Anne, es gibt Martin, beredsame (?) Gesten, Meerestiere in Gefangenschaft und Algen im Garten sowie eine zentrale Fragestellung – die nach Vertrauen.

Erstaunliches aber steckt in der Schlußszene: Unvermittelt führt sie in südliche Gefilde, und der Wunsch kommt auf, daß Antoniak hier, weitab vom Regenschleier Irlands, doch noch weitererzählt.

Originaltitel: NOTHING PERSONAL

Irland/NL 2009, 85 min
FSK 6
Verleih: MFA

Genre: Drama

Darsteller: Stephen Rea, Lotte Verbeek

Regie: Urszula Antoniak

Kinostart: 08.04.10

[ Jane Wegewitz ] Für Jane ist das Kino ein Ort der Ideen, ein Haus der Filmkunst, die in „Licht-Schrift“ von solchen schreibt. Früh lehrten sie dies Arbeiten von Georges Méliès, Friedrich W. Murnau, Marcel Duchamp und Man Ray, Henri-Georges Clouzot, Jean-Luc Godard, Sidney Lumet, Andrei A. Tarkowski, Ingmar Bergman, Sergio Leone, Rainer W. Fassbinder, Margarethe v. Trotta, Aki Kaurismäki und Helke Misselwitz. Letzte nachhaltige Kinoerlebnisse verdankt Jane Gus Van Sant, Jim Jarmusch, Jeff Nichols, Ulrich Seidl, James Benning, Béla Tarr, Volker Koepp, Hubert Sauper, Nikolaus Geyrhalter, Thierry Michel, Christian Petzold und Kim Ki-duk.