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Okay

Lachen und Weinen in Dänemark

Agnethe Rastlos, möchte man meinen, wenn man die Enddreißigerin in ihrer Atemlosigkeit beobachtet. Auf ihrer Arbeit plagt sie sich an Subventionsbetrügern und tatsächlich Hilfsbedürftigen ab, zu Hause rebelliert die halbwüchsige Tochter Trine gegen Zahnspange, Fernsehverbot zum Abendessen und ähnlich Weltliches, während Göttergatte Kristian auf den richtigen Satz wartet, denn dem Guten reicht die Lehrtätigkeit bei weitem nicht mehr: er feilt am ersten Roman. Und dann wird bei Agnethes Vater, zu dem ihr Verhältnis leicht sperrig ist - zwischen ihm und ihrem schwulen Bruder Martin herrscht gar totale Funkstille -, Leukämie diagnostiziert, im Endstadium.

Gegen den leichten Widerstand Kristians holt sie ihren gebrechlichen Vater in die eigenen vier Wände. Drei Wochen gibt ihm der Arzt! Daraus werden Monate, der Alte raucht die Bude voll, schaut den ganzen Tag zuviel und vor allem zu laut in die Glotze, und auf einmal schmeckt’s ihm wieder. So hat sich Agnethe das alles nicht gedacht. Das emotionale Faß zum Überlaufen bringt die häßliche Wahrheit über Kristians Fremdvögelei mit einer seiner reizenden Studentinnen. Agnethe Rastlos ist ratlos ...

Man kann’s nicht oft genug sagen: so etwas können nur die Nordlichter. Auch Jesper W. Nielsen gelingt mit dieser fabelhaften Tragikomödie scheinbar spielerisch der Spagat zwischen tränentreibender Traurigkeit und bauchhaltendem Witz. Die spröde Natürlichkeit, die vom echten Leben markierten Gesichter und die dem Zuschauer so vertrauten Schwächen der Figuren - all das läßt gar das einst so erfrischend über die träge gewordenen Sehgewohnheiten brausende new british cinema wie überzogene Klamottigkeiten aussehen. Hier fiebert, weint, lacht, bangt und intrigiert man einfach mit, als wären all diese Menschen keine Fremden, vielmehr sehr gute Bekannte.

Diese Sogwirkung im Kino ist natürlich auch Paprika Steen, dem dänischen Leinwandgesicht schlechthin, zu verdanken. Dieser Frau - irgendwo zwischen Abgekämpftheit und frisch geschliffenen Krallen, Wahnsinnsweib und Kuschelmaus, Anschmiegsamkeit und Stinkefinger - muß man glauben!

Originaltitel: OKAY

DK 2002, 94 min
Verleih: Alamode

Genre: Tragikomödie

Darsteller: Paprika Stehen, Ole Ernst, Jesper Christensen

Regie: Jesper W. Nielsen

Kinostart: 07.08.03

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.