Originaltitel: LEMONY SNICKET’S A SERIES OF UNFORTUNATE EVENTS

USA 2004, 108 min
Verleih: UIP

Genre: Kinderfilm, Literaturverfilmung, Schräg

Darsteller: Jim Carrey, Liam Aiken, Meryl Streep

Regie: Brad Silberling

Kinostart: 27.01.05

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Rätselhafte Ereignisse

Drei Kinder, viel Geld und ein böser Onkel

Wer ein nettes Kinoerlebnis erwartet, sollte den Saal verlassen. So ähnlich warnt zu Beginn der Erzähler, ein ominöser Lemony Snicket, den Zuschauer. Nicht ohne Grund, denn die darauf folgenden 108 Minuten sind gespickt mit menschenfressenden Blutegeln, heimtückischen Bränden, tödlichen Schlangen, unheimlichen Verwandten und ähnlichen Schikanen.

Violet Baudelaire ist vierzehn, angesichts ihrer Konstruktionen und Erfindungen würde MacGyver vor Neid erblassen. Ihr kleiner Bruder Klaus liest sich durch jedes verfügbare Buch. Sunny, die jüngste im Geschwisterbunde (und das wohl sympathischste Filmbaby seit langem), verfügt über exakt vier scharfe Milchzähne, die oft und wirkungsvoll zum Einsatz kommen. Ein geheimnisvoller Brand beraubt die drei ihrer Eltern und ihres Heims. Sie werden in die Obhut ihres nächsten lebenden Verwandten übergeben, des exzentrischen Grafen Olaf. Dieser fiese Möchtegernschauspieler hat aber nichts anderes im Sinn, als sich das Erbe der Baudelaire-Waisen unter den Nagel zu reißen. Kein Wunder, daß sie sich zur Wehr setzen. Auch beim liebenswerten Schlangenforscher Monty und der übervorsichtigen Tante Josephine sind sie nicht sicher, denn Olaf läßt nicht locker.

Wieder die Verfilmung eines Kinderbuches, das in unseren Breiten nicht wirklich einen Bekanntheitsgrad, geschweige denn Kultstatus hat, mag man meinen. Nun, diese beiden Punkte werden sich nach dieser Verfilmung mit Sicherheit ändern. Was wie die Aneinanderreihung von unangenehmen Ereignissen wirkt, könnte tatsächlich der Beginn einer Reise sein, so orakelt Violet. Und diese Reise führt die drei Kinder in eine Welt, die bis zum Rand der Leinwand angefüllt ist mit schrägen Ideen und absurder, ja grimmiger Magie. Ziemlich real sind hingegen alle Erwachsenen und ihre Neurosen.

Jim Carrey liefert eine wunderbar überdrehte Nummernrevue als sinisterer, gieriger Olaf. Ihm stehen Violet, Klaus und Sunny wacker gegenüber und schaffen sich auch am unwirtlichsten Ort einen Schutzplatz. Die umwerfende, morbide Optik hebt dieses clevere FantasyAbenteuer endgültig von allen Genregeschwistern ab. Im vielbeackerten Beet der Kinderfilme öffnet sich eine neue, eine dunkle Blüte, gezüchtet aus Mystery und Märchen, aus Krimi und Kuriositätenkabinett.

[ Roman Klink ]