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Rushmore

Spinner sind die besseren Menschen

Dieser Knabe macht einfach alles. Max ist entweder Vorstand, Präsident, Leiter, Chef aber mindestens Vize von so ehrfurchts- und sinnvollen Vereinigungen wie dem Schach-, Deutsch-, Bienenzüchter-, Tontaubenschieß-, Astro-, Debattier- und Kaligraphieklub. Da ist er gut, unübertroffen, leidenschaftlich. Mit seinen schulischen Leistungen sieht es allerdings ziemlich mau aus. Das Kraut macht aber die Verwirklichung seiner kühnen Pläne fett: der wunderliche Jüngling hat doch tatsächlich vor, auf dem Football-Feld der Schule ein riesiges Aquarium zu bauen - als Zeichen seiner Schwärmerei für die junge Lehrerin Miss Cross. Das Faß ist am Überlaufen, die Geduld des Direktors am Ende. So kann er höchstpersönlich trotz flammender Gespräche und clever-dreister Überzeugungsattacken Dr. Guggenheim, Kopf der Elite-Schule Rushmore, nicht davon abbringen, den kreativen und phantasievollen Knaben zu feuern.

Selbst Mr. Blume, Vietnam-Veteran, Multi-Millionär und generöser Gönner von Rushmore, mit dem sich Max angefreundet hat, kann ihm nicht mehr zur Seite stehen. Außerdem hat Blume sich auch in die Lehrerin Miss Cross verliebt. Einzig Max’ kleiner Freund und spinnerter Zögling Dirk Calloway hält noch zu ihm, bis ihm allerdings über schlecht informierte Kreise zu Ohren kommt, daß Max hinter seiner Mutter her sei. Es lief also schon besser. Doch der gute Max hat noch zwei Trümpfe in der Hand, um die allgemeine Versöhnung voranzutreiben: ein bahnbrechendes Theaterstück und eine Kiste Dynamit...

Hurra! Das Kino scheint gerettet. Solch’ überwältigenden, hervorragend besetzten und großartig zwischen Tragik und bauchhaltendem Humor balancierenden Film hat es wohl ewig nicht gegeben. Regisseur Anderson zeichnet in dieser ungewöhnlichen Geschichte über das Erwachsenwerden und die Schwierigkeit sich stockseriös zu verhalten, seine Figuren derart liebevoll, daß deren Schwäche zur Stärke wächst. Sein Humor ist nie platt und peinlich, sondern punktiert, lakonisch und damit ein cleveres Stück Ausnahmekino. Andersons größter Schatz neben einer erfrischenden Geschichte ist die Besetzung. Bill Murray als Blume ist großartig und Jason Schwartzman als Max beispiellos. Entgegen der nervigen Schulmeisterei zahlreicher Regisseure erzählt Anderson auf charmanten Umwegen von echter Freundschaft, sozialen Werten und davon, daß Spinner oft die besseren Menschen sind. Recht hat er.

Originaltitel: RUSHMORE

USA 1998, 95 min
Verleih: Movienet

Genre: Tragikomödie, Erwachsenwerden, Schräg

Darsteller: Bill Murray, Jason Schwartzman, Brian Cox

Regie: Wes Anderson

Kinostart: 08.03.01

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.