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Sabah

Interkulturelles Freischwimmen mit Herzsalto

Nirgends sieht eine verschleierte Muslimin so fremd aus, wie an einem brütendheißen Tag in Toronto, umgeben von sommernackten Beinen und sonnenhungrigen Dekolletés. Und gerade solch ein Filmbild zeigt, wie unkompliziert das Kino manchmal große gesellschaftliche Debatten auf den Punkt zu bringen vermag. Während sich andere den Kopf über Einwanderungsrätsel, Mittelgebirge und Verfassungstreue zerbrechen und damit auch das komische Potential der Realpolitik ausloten, erzählt Ruba Nadda, Kanadierin mit arabischen Wurzeln, humorvoll von pragmatischen Kompromissen. Davon, wie Koran und individuelles Glück plötzlich zueinander passen, ohne sich auflösen zu müssen.

Sabahs heimliche Ausflüge ins Hallenbad, die kurzen Auszeiten vom kontrollsüchtigen Bruder, der nörgelnden Mutter und den ewigen Streitereien um die westlichen Lebenspläne der jüngeren Schwester sind ihre ersten Schwimmversuche jenseits traditioneller Verpflichtungen. Und Sabah mußte erst Vierzig werden, bis sie den Mut fand, kichernd einen Schluck Wein zu probieren, einen riesigen Schwapp Ketchup auf ihre Pommes zu gießen, ein wenig Lippenstift aufzulegen und ihm einem blauäugigen, geschiedenen, kanadischen Schreinermeister mitten auf der Straße mitten auf den Mund zu drücken. Erst klaut ihr Stephen das Handtuch und dann das ganze Herz.

Diese solide, nicht immer originelle Culture-Clash-Komödie ist nicht die erste, nicht die turbulenteste und sicher nicht die komischste ihrer Art. Dafür begegnet sie dem einengenden Konservatismus, komprimiert in Gestalt des Bruders, zu leise und letztlich zu brav. Doch die endlich einmal erwachsene Hauptfigur, eine schön-herbe Frau, der die Gefühle nicht auf den Lippen sondern hinter der Stirn sitzen, vermag dem heillos romantischen Motiv der verschmelzenden Kulturen auf dem west-östlichen Diwan charmante Facetten abzuringen.

Die Liebe und der Mut, mit dem sie so selbstverständlich und unbedingt allen Konventionen trotzt, ist Naddas Traum von der Integration. Es gibt Tage, an denen man ihn mitträumen möchte, zusammen mit der anstrengenden, Wasserpfeife rauchenden Mama, die der interkulturellen Beziehung letztlich den Segen gibt. Und vielleicht haben Sie so einen Tag ja erwischt?!

Originaltitel: SABAH

Kanada 2005, 90 min
Verleih: Alamode

Genre: Komödie, Liebe

Darsteller: Arsinée Khanjian, Shawn Doyle, Jeff Seymour, Fadia Nadda, David Alpay

Stab:
Regie: Ruba Nadda
Drehbuch: Ruba Nadda

Kinostart: 04.05.06

[ Sylvia Görke ]