Originaltitel: CHIMPANZEE

USA/Kanada 2012, 76 min
FSK 0
Verleih: Disney

Genre: Dokumentation, Natur

Regie: Alastair Fothergill, Mark Linfield

Kinostart: 09.05.13

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Schimpansen

Affen sind auch nur Menschen

Es war nur eine Frage der Zeit, bis dieser Film gedreht würde. Schimpansen sind angesichts ihrer ausdrucksstarken Mimik und ihres menschenähnlichen Verhaltens als tierischer Superstar sozusagen prädestiniert. Wenn sogar Pinguine schon genug Identifikationspotential bieten, ist es keine große Überraschung, daß Disney Nature nun SCHIMPANSEN – übrigens mit Unterstützung einer Forschungsgruppe des Max-Planck-Instituts Leipzig – realisiert hat.

Im Mittelpunkt des Films steht ein Schimpansenbaby, von den Filmemachern „Oskar“ getauft, das direkt vor den Augen des Filmteams heranwächst. Nach Revierkämpfen zwischen zwei verfeindeten Gruppen, die durch den ausgesprochen suggestiven Off-Kommentar („Es geht nicht darum, eine Schlacht zu gewinnen, sondern einen Krieg!“) leider stark aufgebauscht werden, ändert sich Oskars bisher unbeschwertes Leben. Er wird von seiner Mutter getrennt und muß Adoptiveltern finden, um zu überleben. Es beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit, doch alle Weibchen der Sippe weisen ihn ab, und Oskar wird zunehmend schwächer. Aber Disney wäre nicht Disney, wenn sich hier nicht ein Ausweg finden ließe. Tatsächlich nimmt sich völlig überraschend das Alphamännchen der Gruppe, der riesige alte Freddy, des kleinen Affens an und bewahrt ihn damit vor dem sicheren Tod. So weit, so märchenhaft, möchte man meinen.

Tatsächlich entspringt die ungewöhnliche Adoption allerdings gar nicht der Phantasie der Regisseure, sondern diese zoologische Sensation hat sich wirklich so zugetragen und wurde vom Filmteam natürlich dankbar in den Mittelpunkt ihrer Geschichte gerückt. Auch darüber hinaus sind Alastair Fothergill und Mark Linfield viele Aufnahmen gelungen, die die intensive Atmosphäre des Dschungels fast greifbar machen. Die Dramaturgie orientiert sich jedoch so konsequent an der kindlichen Zielgruppe des Films, daß jede Kontextinformation bewußt vermieden wird. Stattdessen stehen Spannung und Emotionalität im Mittelpunkt, ein Vorgehen, das für Tierfilme leider nicht ungewöhnlich ist.

Trotzdem bleibt ein G’schmäckle, wenn der teils recht polarisierende Kommentar den Eindruck erweckt, zwischen „guten“ und „bösen“ Schimpansen unterscheiden zu können. Hier wird ganz normales tierisches Verhalten, wie die Konkurrenz bei der Nahrungssuche, leider im Dienste einer „spannenden“ Geschichte dramatisiert und auf menschliche Maßstäbe reduziert.

[ Luc-Carolin Ziemann ] Carolin hat ein großes Faible für Dokumentarfilme, liebt aber auch gut gespielte, untergründige Independents und ins Surreale tendierende Geschichten, Kurzfilme und intensive Kammerspiele. Schwer haben es historische Kostümschinken, Actionfilme, Thriller und Liebeskomödien ... aber einen Versuch ist ihr (fast) jeder Film wert.