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Sommersturm

Die Leiden des jungen T.

Rein äußerlich wie zwei Königskinder. Der eine blond, der andere tiefschwarz. Tobi und Achim. Innerlich wüten in den beiden gänzlich unterschiedliche Stürme. Natürlich sind sie beste Freunde, die sich schon mal gemeinsam einen runterholen, die zusammen Rudersport trainieren und sich überhaupt nicht vorstellen können, daß zwanzig Jahre später irgend etwas anders zwischen ihnen sein sollte. Achim jedoch nimmt trotzdem für sich in Anspruch, mit seiner Sandra durch fremde Länder zu ziehen, alles irgendwie easy zu nehmen. Bei Tobi allerdings klopft das Chaos behende an die koronare Pforte: zwar arrangiert er sich mit der braunäugigen Anke, doch die Knie, die zittern ihm bei Achim. Sagen kann er’s ihm noch nicht. Ein Ausflug ins Zeltlager und die Teilnahme am Ruderwettbewerb werden dem Schicksal auf die Sprünge helfen, u.a. durch das Aufeinandertreffen von Tobis Rudergruppe und den "Que(e)rschlägern" - die schwulen Wasserratten aus Berlin.

Marco Kreuzpaintner hat schon mit dem an der Kinokasse sträflich mißachteten GANZ UND GAR sein ungeheures Erzähltalent bewiesen, wenn es um die emotionalen Belange junger Menschen geht. Auch hier verfügt er über ein verblüffendes Gespür für all die Fettnäpfe und Mißverständnisse, in die man als Teenie so tapst, für all die Unsicherheiten und ungelösten Rätsel in diesem Alter, für die wilde Schönheit des ersten Verliebtseins und körperlichen Erkundens. Kreuzpaintner umschifft mit dem spielerischen Einsatz sämtlicher Klischees, mit brillant photographierten Bildern und einer leichthändig, aber niemals trivial erzählten Geschichte um Freundschaft, Liebe und Entdecken der eigenen Sexualität den oft zu düster und larmoyant angeschlagenen Grundton unzähliger Coming Out-Filme.

Bei ihm ist Schwulsein eine Form der Sexualität, die für Tobi sicherlich nicht gleich als selbstverständlich zu akzeptieren ist, darüber hinaus aber keiner weiteren Erklärung bedarf. Sehr gut beraten war Kreuzpaintner mit der Besetzung Robert Stadlobers als Tobi. Dieser lotet sämtliche Untiefen pubertärer Verletzlichkeit, ungestümen Entdeckertums aus, und er bringt die dazu notwendige Bereitschaft, angreifbar und dennoch mit kühnem Stolz versehen zu sein, ganz einfach mit.

Marco Kreuzpaintner, zwei Filme, zwei Volltreffer - man muß dem Nachwuchs trauen.

D 2004, 98 min
Verleih: X Verleih

Genre: Erwachsenwerden, Tragikomödie, Schwul-Lesbisch

Darsteller: Robert Stadlober, Kostja Ullmann, Alicja Bachleda-Curus, Marlon Kittel, Hanno Koffler

Regie: Marco Kreuzpaintner

Kinostart: 02.09.04

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.