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South Of The Clouds

Kein Zutritt zum Paradies!

Es weiß wohl niemand so genau, weshalb es sich irgendwann eingebürgert hat, jeden Mann fortgeschrittenen Alters als "in den besten Jahren" zu bezeichnen. Fakt ist indes, daß diese Bezeichnung streng genommen auf unseren traurigen Helden Xu eh nicht zutreffen kann – schließlich gab es für ihn bislang noch keinen einzigen guten Monat.

Immer hatte er sich gewünscht, die tibetanische Region Yunnan zu besuchen, doch seine unglückliche Ehe fesselte Xu an Nordchina. Zwar scheiterte der Bund fürs Leben, aber da gibt es ja noch die Familie, selbst wenn sie ausschließlich über Geldsorgen jammert und um Vorwürfe niemals verlegen zu sein scheint. Sukzessive entsteht das Porträt einer gescheiterten Existenz, gemalt mit trostlos düsteren Farben und bitteren Dialogen in permanentem Halbdunkel. Schließlich reist Xu trotzdem nach Yunnan, um sein ganz individuelles Eldorado wenigstens einmal zu sehen, endlich aufhören zu können, sich die Frage nach dem "Was wäre gewesen, wenn ...?" zu stellen. Nur züngelt leider auch in diesem Garten Eden eine Schlange, verheißt Evas Nachfahrin Unheil und droht jederzeit die Vertreibung ...

Rein formal weicht nun die anfängliche Tristesse, flutet Licht durch kräftig kolorierte Landschaften und wunderschöne Szenerien. Entsprechend verharrt die Kamera teils extrem lange, um in grandiosen Bildern zu schwelgen. Man begreift schon, warum Yunnan für Xu ein irdisches Paradies darstellt, und sein finales Lächeln dürfte selbst kälteste Herzen zum Zerbersten bringen.

Dessen ungeachtet bleibt dennoch ein zwiespältiger Eindruck: Sicherlich hat der Regisseur das sehr persönliche Ziel, "die Geschichte eines unmöglichen Lebens für die Generation meiner Eltern zu erzählen", vollends erreicht. Vielleicht liegt aber gerade darin der Grund dafür verborgen, daß SOUTH OF THE CLOUDS über den visuell opulenten Verständnisfaktor hinaus stetig auf Distanz zum Publikum geht, und sich der Xus Sinnsuche umgebende nostalgisch-melancholische Schimmer streckenweise einfach als antike Staubschicht entpuppt. Hier bitte nichts berühren!

Originaltitel: YUN DE NAN FANG

China 2004, 98 min
Verleih: Kinemathek

Genre: Drama

Darsteller: Li Xuejian, Liu Changsheng, Jin Zi, Zhao Huanyu

Stab:
Regie: Zhu Wen
Drehbuch: Zhu Wen

Kinostart: 01.07.04

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...