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Taiga Blues

Bilder zum Soundtrack

Die Mutmaßung, daß mit TAIGA BLUES eine Soundtrack-CD bebildert, beworben, ja legitimiert werden soll, liegt nahe. Dies wäre am Ende die freundlichere Sicht auf 62 unerfreuliche Minuten. Aber Marianne Kapfer, Rundfunkautorin mit Schwerpunkt Osteuropa, hatte eine Idee. TAIGA BLUES sollte wirklich ein Film werden. Über eine amerikanische Bluesband, die nach Rußland kommt und den Abenteuern der russischen Provinz ausgesetzt wird. Dann taten sich Probleme auf ("Ausweisungen, Kriegswirren, ein Budget, das nur bis Moskau reichte"), aber Marianne hielt fest an ihrer Idee.

So kam es, daß sie die überarbeitete Variante ihrer amerikanischen Bluesband in Moskau aussetzte. Ohne Gnade begleitet ein Filmteam drei deutsche Musiker und den Amerikaner Peter Bandit Culross, kurz die Band "Peter Bandit’s Root 66", durch "eine der aufregendsten, aber auch abenteuerlichsten Städte der Welt". Der Zuschauer muß mit auf die Reise durch das große und verführerische Moskau, er muß die schönen Mädchen bewundern und ist eingeladen, sich dem Moskau-Groove hinzugeben. Aber was ist der Moskau-Groove?

Die Clubs sind voll erwartungsfroher und tanzwütiger Girlies, die Feste feiern sich feucht und die Suppen sind ölig. Die Russen dabei sind hungrig - soviel zum sozialen Engagement - ansonsten findet man Moskau einfach "lustig" und die Maiparade ist gut besucht. Fast ist der Film geschafft, aber ins Gefängnis müssen die vier Musiker auch noch. Das rundet das Bild ab, der Beweis ist erbracht: Moskau - eine der aufregendsten Städte der Welt! Und trotzdem kann man die Stadt überleben. Man kann pünktlich zum Konzert wieder auf der Bühne stehen, die musikalische Bandbreite von Rock über Jazz, Blues und Soul hervorzaubern und die versumpften Tage in Moskau als "Erinnerung fürs Leben" bejubeln.

Zum Glück bleibt für den Zuschauer die Möglichkeit, sich diesem "fucking good film" zu verweigern. Wer’s trotzdem wagt, sollte auf Wodka im Handgepäck nicht verzichten. Vielleicht eine wirksame Rezeptur gegen den TAIGA BLUES.

D/Rußland 2001, 62 min
Verleih: Eigenverleih

Genre: Dokumentation, Musik

Darsteller: Peter Bandit Culross, Rob Dietze, Robert Klinger, Bodo Matzkeit

Regie: Marianne Kapfer

Kinostart: 21.03.02

[ Jane Wegewitz ] Für Jane ist das Kino ein Ort der Ideen, ein Haus der Filmkunst, die in „Licht-Schrift“ von solchen schreibt. Früh lehrten sie dies Arbeiten von Georges Méliès, Friedrich W. Murnau, Marcel Duchamp und Man Ray, Henri-Georges Clouzot, Jean-Luc Godard, Sidney Lumet, Andrei A. Tarkowski, Ingmar Bergman, Sergio Leone, Rainer W. Fassbinder, Margarethe v. Trotta, Aki Kaurismäki und Helke Misselwitz. Letzte nachhaltige Kinoerlebnisse verdankt Jane Gus Van Sant, Jim Jarmusch, Jeff Nichols, Ulrich Seidl, James Benning, Béla Tarr, Volker Koepp, Hubert Sauper, Nikolaus Geyrhalter, Thierry Michel, Christian Petzold und Kim Ki-duk.