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Tapas

Mit großem Appetit auf kleine Geschichten

Die Regisseure José Corbacho und Juan Cruz, beide Barcelonesen, haben ihren Filmstoff vor der Haustür gefunden. Die in TAPAS, ihrem Spielfilmdebüt, verwobenen kleinen Alltagsgeschichten atmen das Milieu des heimischen Barrio Hospitalet de Llobregat, und dort geht es - gleichwohl das Komödiantische der Darstellung eine Nuance überwiegt - zu wie im richtigen Leben.

César und Opo, beide um die 20, jobben im Supermarkt, wo sie sich zwischen Regalen erotisch aufgeladenen Tagträumen vom anstehenden Strandurlaub hingeben. Raquel, Anfang 40, führt seit einem Jahr eine Fernbeziehung via Internet, und Lolo, Wirt der gleichnamigen Bar und in erstem Ansehen und Benehmen ein wahrer Unsymphat, steht plötzlich ohne Frau und Küchenmamsell da. Als Retter aus seiner prekären Lage entpuppt sich ein junger chinesischer Koch namens Mao, der einiges mit Bruce Lee gemein hat und überdies phantastische Tapas in die Auslage des Tresens zaubert. Und dennoch sieht sich Lolo geplagt von der bohrenden Frage danach, wohin seine Frau verschwunden ist. Nebenbei entdeckt er, daß die Rentnerin Conchi in seinem Laden Drogen an die Jugend vertickt, wohinter sich selbstredend andere Gründe verbergen, als der bloße Verdienst schnellen Geldes ...

Corbacho und Cruz inszenieren ihre TAPAS in zügigem Tempo und an wenigen, sich wiederholenden Handlungsorten mit der Bar "Lolo" als Zentrum. Parallelmontagen, wohl dosierte humoristische Ideen und ein manchmal erstaunender Wechsel zu poetischen Bildern begleiten das Spiel der durchweg unprätentiösen Protagonisten. Wirkliche Überraschungen freilich bleiben aus, wo die Charaktere mehrheitlich eindeutig gezeichnet sind, liebenswürdig und charmant vertraut. "Tu, was Du tun mußt!", scheint das Graffiti an einer Hauswand das Auf und Ab, das heitere und auch dramatische Geschehen über Generationen hinweg kommentieren zu wollen. Der Selbstbestimmung entgegen aber steht im Film das Unausweichliche des Schicksals.

So muß, in der Funktion einer Rahmenhandlung, ein anfangs befreites Hündchen am Ende im falschen Moment die Straße queren. Gleichwohl solcher Tribut an ein breites Publikum die Sentimentalität unnötig unterstreicht, entläßt TAPAS die Zuschauer wohl vor allem mit dem Gefühl, heiter, kurzweilig und versöhnlich unterhalten worden zu sein.

Originaltitel: TAPAS

Spanien 2005, 83 min
Verleih: Kairos

Genre: Episodenfilm

Darsteller: Ángel de Andrés López, María Galiana, Elvira Mínguez

Regie: José Corbacho, Juan Cruz

Kinostart: 06.03.08

[ Jane Wegewitz ] Für Jane ist das Kino ein Ort der Ideen, ein Haus der Filmkunst, die in „Licht-Schrift“ von solchen schreibt. Früh lehrten sie dies Arbeiten von Georges Méliès, Friedrich W. Murnau, Marcel Duchamp und Man Ray, Henri-Georges Clouzot, Jean-Luc Godard, Sidney Lumet, Andrei A. Tarkowski, Ingmar Bergman, Sergio Leone, Rainer W. Fassbinder, Margarethe v. Trotta, Aki Kaurismäki und Helke Misselwitz. Letzte nachhaltige Kinoerlebnisse verdankt Jane Gus Van Sant, Jim Jarmusch, Jeff Nichols, Ulrich Seidl, James Benning, Béla Tarr, Volker Koepp, Hubert Sauper, Nikolaus Geyrhalter, Thierry Michel, Christian Petzold und Kim Ki-duk.