Originaltitel: THANK YOU FOR SMOKING

USA 2006, 93 min
Verleih: Fox

Genre: Komödie, Schräg

Darsteller: Aaron Eckhart, Cameron Bright, William H. Macy, Rob Lowe, Robert Duvall, Maria Bello, Katie Holmes

Regie: Jason Reitman

Kinostart: 31.08.06

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Thank You For Smoking

Galliger Appell an die Selbstbestimmung

Es ist ja oft so, daß Filme, die ein zeitliches Phänomen, gar einen Trend aufgreifen, immer ganz schnell zu spät kommen. Und was mit Zuspätkommenden passiert, ist hinreichend bekannt. Dieser erfrischend amoralische und bisweilen rotzfreche Film ist genau in seiner Zeit, schon deshalb, weil die scheinheilige Debatte ums Rauchen und im Detail um dessen "Verbot" ja schon einige Jahre ihre puritanischen Runden dreht.

Nick Naylor ist eigentlich kein übler Typ, arbeitet aber im Auftrag der Big Tobacco-Gesellschaft, ist dadurch ständig unterwegs, um Selbstbestimmung einzufordern, Moralapostel auszuknocken, die Gefahren des Rauchens auf ein weniger hysterisches Maß runterzufahren. Gern auch mal mit blassen, krebskranken Kindern in Talkshows ... Damit ist der Lobbyist einem reaktionären Senator ein Dorn im Auge, der nur zu gern jede Glimmstengelpackung lieber ohne Text dafür mit einem riesigen Totenkopf zieren möchte - damit auch die nicht-englischsprachigen Amerikaner und natürlich auch die kompletten Analphabeten auf die Gefahr des Nikotins hingewiesen werden können ...

Diese herrliche Komödie ist natürlich kein Pro-Fumare-Film, vielmehr geht es um den Aspekt des Freiheitlichen, für das gerade ein Land wie die USA doch sonst symbolisch die Fahne hochhält. Die Freiheit schön fett, schön doof, unrühmlich berühmt, im Blitztempo reich und grenzenlos arm zu sein, hat scheinbar jeder, aber das Recht auf eigenes Risiko zu rauchen, das eben bitte nicht. Dieser Bigotterie wird hier auf sehr erfrischende und schon derbe Weise der Marsch geblasen. Als Beweggrund für seine Lobbyarbeit gibt Nick dann schon mal kampfeslustig an, daß er dies vor allem gegen die Überbevölkerung tue. Um das Rauchen attraktiv zu machen, läßt Naylor sich auf einen Pakt mit einem Filmproduzenten (gespielt von einem scheinbar alterslosen Rob Lowe) ein. Den gilt es zu überzeugen, herrscht doch in Hollywood die einhellige Meinung, daß jeder der im Film raucht, entweder Psychopath oder gleich Europäer sein muß. Und genau gegen diese glattgebürstete Scheinheiligkeit, die sich auch hierzulande peinlich als doppelmoralisches Lügengespinst der Krankenkassen-Tabaksteuer-Gesundheitspolitik geriert, steht dieser Film. Allen Seehofers und Schmidts dieser Welt sei diese erfrischende Reise empfohlen, die bei allem deftigen und uramerikanische Paradoxien entlarvenden Witz (Naylors Sohn geht auf die St. Euthanasius School ...) durchaus so etwas wie Bodenhaftung hat. Denn letztendlich meint Nick, daß doch auch er eine Hypothek abzuzahlen habe.

Das ist sicher gallig, aber wenigstens ehrlich. Auch wenn die Welt im Arsch ist, was so direkt noch keiner im Kino gesagt hat, lohnt es sich eben doch, das Beste daraus zu machen. Und das vielleicht bei einem spätsommerlichen Rosé und einem erdigen Zigarillo gleich dazu ...

[ Michael Eckhardt (Ni ]