Originaltitel: THE BOY

USA 2015, 98 min
FSK 12
Verleih: Capelight

Genre: Horror, Psycho

Darsteller: Lauren Cohan, Rupert Evans, Diana Hardcastle, Jim Norton

Regie: William Brent Bell

Kinostart: 18.02.16

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The Boy

Fürchten Sie Brahms?

Im Normalfall dürfte die Antwort auf obige Frage verneinend sein, um sich nach dem Kennenlernen schon bald ins Gegenteil zu verkehren. Genauso läuft’s auch bei Greta: Die hübsche Amerikanerin soll als Nanny eben auf Brahms, den 8jährigen Sproß von Mommy und Daddy Heelshire, aufpassen, weil die beiden bereits erstaunlich betagten Elternteile endlich mal Urlaub machen wollen. Ein Regelkatalog bringt Ordnung rein, unter anderem stehen Vorlesen (laut) sowie das Hören klassischer Musik (überlaut) auf dem Plan, während Brahms, scheinbar ein Wildfang, gern Gretas Sachen versteckt, aber ungern dort bleibt, wo sie ihn hinsetzt. Außerdem wichtig: der Gute-Nacht-Kuß. Alles okay, normal und eher kaum erschreckend – wenn Brahms nicht eine Puppe aus Porzellan wäre ...

Nun kennt der jüngere Zuschauer das wahrscheinlich gar nicht mehr: Horrorfilme, in denen das Erzählen einer Geschichte Vorrang hat, kein einziger Blutstropfen fließt, das nächtliche Knarren einer Diele Schweißausbrüche provoziert und wehende Gardinen auf visueller Ebene schier verstören, während eine zum Schneiden dichte Atmosphäre wie schwerer Brokat über erzählerischer Ruhe liegt. Samt und sonders Tugenden, welche THE BOY jetzt wieder perfekt kultiviert. Von wenigen, vielleicht aus Zugeständnisgründen nötigen Ausreißern abgesehen, bleibt das heute übliche Tonspurgrauen fern, es regieren Andeutungen, sorgen enthüllte Geheimnisse für Herzpochen und pieken Fragen: Warum flüstert Mommy Heelshire zum Abschied: „I’m So Sorry ...“? Ist Lebensmittellieferant Malcolm wirklich derart nett, wie er aussieht? Und was geschah den früheren Kindermädchen, die Brahms scheinbar wenig mochte? Geduld, wir werden es erfahren – und vieles mehr!

Leise schleicht die Angst heran, bahnt ihren Weg erst durch den wie verwunschenen Märchengarten, um dann das englische Herrenhaus, dessen weiträumige, genug Platz zur Ausbreitung bietende Zimmer irgendein Ahne mit ausgestopftem Getier und kostbaren Antiquitäten dekoriert hat, komplett in Beschlag zu nehmen. Dunkle Pracht wartet auf Entfaltung, selbst der fiesesten Szene – Ende eines Ausflugs und gleichzeitig bitter-verzweifelte Sühne extremer Schuld – wohnt grausame Schönheit inne. Passenderweise geht’s letztlich um Liebe, aus jeder Bahn geworfen, ungesund innig. Das braucht kein Einfältigkeit übertünchendes Soundgetöse und ist furchtbar gut so.

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...