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The Dorp – 40 Days Of Our Lives

Satellitendoku zum Großevent

In noch jeder tönern aufgeblasenen Gloriole eines noch jeden großen Sportereignisses kreisen sie satellitenklein mit in deren Umlaufbahn oder schippern, je nach Sichtweise, irgendwo in deren Fahrtwasser: die kritischen Begleitdokus. Eine solche ist auch THE DORP. Gezeigt wird ein Blick auf das wahre Südafrika, auf die harten sozialen und gesellschaftlichen Realitäten, die bald hinter der Kulisse eines Event-Eiapopeia versteckt sein werden, welches lautstark die Phrasenböller von der völkerverbindenden Kraft des Sports mit einem Hymnus auf die Regenbogennation verschießen werden.

In Max F. Meis’ THE DORP sieht diese Regenbogennation nun weniger hoffnungsvoll bunt, als vielmehr nüchtern grau aus. Meis porträtiert vier Menschen aus vier Generationen. Allesamt Südafrikaner, allesamt in jenem The Dorp (Dorf) genannten Vorort von Kapstadt lebend, den einst die Apartheidgesetze und heute Armut, Drogen und Kriminalität den Ghettostatus gaben und geben. Meis eröffnet seinen Film mit der langen Beobachtung eines morgendlichen Schulappells. Ein Gottesdienst, eine Anrufung höherer Mächte. Ein Ritual, dem etwas resigniert Routiniertes und hoffnungsvoll Vitales zugleich anhaftet. Eine Mentalitätsbestandsaufnahme?

Warum zeigt Meis das in so ausgewälzter Länge? Und wo will er überhaupt hin mit seiner Doku, die einiges Eindrückliches, aber so gar nichts Neues verrät? Die Unbehagen bereitet im Angesicht einer Gruppe Jugendlicher, die im Drogennebel apathisch und leer ein Leben Revue passieren lassen, das schon lange keines mehr ist. „Drogen bringen mich ganz weit weg von hier“, sagt da einer, dem anzusehen ist, wie sehr er verinnerlicht hat, „von hier“ niemals mehr wegzukommen.

Im Kontrast dazu offeriert THE DORP dann die Träume eines kleinen Jungen von einer hoffnungsvollen Zukunft oder den ruppigen Pragmatismus einer älteren Frau. Und nein, es ist nicht uninteressant, was da gezeigt und erzählt wird. Wie sich dabei ein Gefühl für diesen Township-Alltag entwickelt. Und doch gelangt Meis’ Film zu keinem Brennpunkt, zu keinem inneren Kraftzentrum. Man ist interessiert, aber nicht gefesselt. Im Grunde sieht man, was man weiß.

Und vielleicht tut man THE DORP ja Unrecht – aber über den Status der satellitenkleinen, kritischen Begleitdoku kommt dieser Film nicht hinaus. Fürs Fernsehen ist das okay. Fürs Kino zu wenig.

Originaltitel: THE DORP – 40 DAYS OF OUR LIVES

D/Südafrika 2009, 86 min
Verleih: Eigenverleih

Genre: Dokumentation

Regie: Max F. Meis

Kinostart: 24.06.10

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.