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The End Of Time

Lava frißt Farn

Für eine echte Meditation wird am Ende dann doch zu viel gesprochen. Der kanadisch-schweizerische Regisseur Peter Mettler widmet sich der Zeit als Phänomen, andere vor ihm haben sich auch schon daran versucht, und letztlich sind die legendären QATSI-Epen von Godfrey Reggio auch nichts anderes als sinnbildliche Uhren für die Ewigkeit, die Momente anzeigen.

THE END OF TIME versucht, das Abstrakte zu bebildern, zu vertonen, über ein Konzept der Sinne das Konzept des Denkens zu brechen. Mettler geht mit diesem Kino(!)film seinen Weg weiter, den er mit PICTURE OF LIGHT (1994) und GAMBLING, GODS AND LSD (2002) zu vorläufigen Höhepunkten geführt hatte. Nur zeigte sich das Dok-Genre damals im Alltag noch nicht ganz so stark und präsent wie heute.

Joe Kittinger war der Felix Baumgartner des Jahres 1960. Der Pilot ließ sich in 31 Kilometern Höhe aus einem Heliumballon fallen und segelte hinab. Eine schöne Eröffnungssequenz gibt das auch über fünf Jahrzehnte später her. Wolken sind immer ein dankbares Sinnbild für Vergehen und Vergänglichkeit. Mettler findet seinen Fokus schnell in der Beobachtung und montiert viele noch immer frappierende Bilder einer Weltreise zusammen, scheut sich dabei keineswegs vor dem offensiven Mix aus Natur, Menschenhand und Surrealismus. Er steigt durch Tunnel, vorbei an Kabelbäumen, hinein in Zylinder, wo der „Big Bang“ inszeniert wird, das Beschleunigen von Teilchen.

Auf Hawaii findet Mettler einen Einsiedler, der seit 30 Jahren dabei zusieht, wie die Lava auf sein Haus zurobbt. Er fühlt sich dabei, als habe er beim Betrachten eines „Slowmotion-Films einen Platz in der ersten Reihe.“ Es ist das Herzstück von THE END OF TIME. Der Beutezug der schwarzroten Masse, die erst einen zartgrünen Farn, später einen längst gestorbenen Baum verschlingt, ist einfach brillant „ausgehalten.“ In Detroit fährt Mettler durch verlassene Vorstadtsiedlungen und umgenutzte Fabrikgelände. In Indien wird er Zeuge einer traditionellen Beerdigung und erliegt mit der Buddha-Gelassenheit einem allzu offensichtlichen Zeigefingerzeig. Und Mettlers Mutter sagt am Schluß in Toronto, man solle einfach die Zeit nutzen, die man hat. Eine gebrechliche alte Dame als Mrs. Summa Summarum …

THE END OF TIME überzeugt, wenn er weniger didaktisch und hobbyphilosophisch, mehr essayistisch und assoziativ daherkommt. Bilder und Sounds werden von ihm länger bleiben als die Worte.

Originaltitel: THE END OF TIME

Kanada/CH 2012, 109 min
FSK 0
Verleih: Real Fiction

Genre: Dokumentation

Regie: Peter Mettler

Kinostart: 09.05.13

[ Andreas Körner ]