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The Messenger

Ein Film über den Krieg – ohne Kriegsbilder

Wenn man diesen Film sieht, mag man spüren, wie sehr man auf ihn gewartet hat. Wie nötig er ist. Wie, und das ist das Bedrückende an ihm, aktuell er ist, in dieser Art, in der er einen Nerv trifft, der, das ist zu befürchten, in der gegenwärtigen Situation zu wund, zu schmerzhaft offen liegt, um Oren Movermans THE MESSENGER den Erfolg an den Kinokassen zu verschaffen, den er verdient hat.

Sergeant Will Montgomery leistet nach einer Verletzung bei einem Kampfeinsatz im Irak die letzten drei Monate seines Militärdienstes an der „Heimatfront“ ab. Zusammen mit dem bärbeißigen Captain Tony Stone obliegt ihm die bittere Mission, Angehörigen im Kampf gefallener Soldaten die Todesnachricht zu überbringen. Eine emotionale Schwerstbelastung, die mit der Einhaltung streng protokollarischer Vorschriften im Bann gehalten werden soll: Ruhe bewahren, niemals Schwäche, niemals Emotion zeigen im Angesicht des Schmerzes. Auf keinen Fall Körperkontakt mit jenen, denen man eben in akkuratem Ton den Tod des Sohnes, Ehemanns, Vaters mitteilte – und die so oft nichts mehr zu brauchen scheinen, als jemanden, der sie jetzt verdammt festhält, in die Arme nimmt. Vorm ersten Zusammenbruch bewahrt.

Ja, das ist schwerer Stoff. Wie sollte es anders sein? Aber das Kino, ach, das wunderbare Kino, es kann das noch erzählen! In aller Stille, aller Konzentration. Mit knurrigem Humor und gar mit einer sich so unprätentiös anbahnenden Liebesgeschichte, daß man es einfach nicht glauben mag, weil es so unglaublich ist, und der Film aber beweist, daß es möglich und wahr ist, einfach auf die Art, wie er es zeigt. Denn daß Will sich in eine Frau verliebt, der er eben die Nachricht vom Tod ihres Mannes überbrachte, klingt so furchtbar nach Drehbuch-Kopfgeburt, daß man nur genervt abwinken möchte. Nur daß es, wie gesagt, funktioniert – so, wie es auf der Leinwand eben lebendig, wie es wahr wird.

Ohne daß dabei etwas von der Tragik, von dem Schmerz verwässert, von dem der gebürtige Israeli Moverman in seinem Regiedebüt so ungemein empathisch erzählt. Sein THE MESSENGER ist ein Film über den Krieg, der Kriegsbilder nicht nötig hat. Mit zwei wunderbaren Hauptdarstellern, die sich uneitel in ein wunderbares Schauspielerensemble betten. Mit einer Geschichte, die die Liebe als Möglichkeit einer Katharsis anbietet, von der auf so klare und tiefe Art nur das Kino erzählen kann.

Originaltitel: THE MESSENGER

USA 2009, 112 min
FSK 12
Verleih: Senator

Genre: Drama, Liebe, Kriegsfilm

Darsteller: Ben Foster, Woody Harrelson, Samantha Morton, Jena Malone

Regie: Oren Moverman

Kinostart: 10.06.10

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.