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The Raid

Virtuoser Kino-Kriegstanz

Ein heruntergekommenes Hochhaus in Jakarta. Ein brutaler Drogenbaron, der weit oben in diesem residiert. Ein Sonderkommando der Polizei, das ihn festnehmen soll. Doch die generalstabsmäßige Erstürmung des Hauses läuft irgendwo ab 6. Stockwerk aus dem Ruder. Wird ein Himmelfahrtskommando in die Hölle. Die Rückwege sind abgeschnitten, die Polizisten in einer Falle. Attackiert von einem Gegner, der zahlenmäßig weit überlegen ist und mit ungeheurer Aggressivität vorgeht. Gefangene machen ist hier keine Option.

Okay, der Plot von THE RAID ist an Schlichtheit schwer zu übertreffen. Macht aber nichts, denn diese 100 Minuten indonesisches Kino sind pures Adrenalin. Atmosphäre, Dynamik – und natürlich: Gewalt. Die reinen Ur-Ingredienzen des Action-Kinos in einem Thriller, der wie ein Überfallkommando die Tür eintritt und einen hinfort als Geisel nimmt. Ein Film, der Action als choreographische Kunst, als harschen Tanz zelebriert.

Pencak Silat heißt dabei die martialische, scheinbar alle Physik aushebelnde Kampftechnik, die THE RAID mit einiger Härte, aber eben auch inszenatorischer Raffinesse in Szene setzt. Daß Silat in wörtlicher Übersetzung „Tanz“ bedeutet, ist dabei mehr als Randnotiz. Drehbuchautor und Regisseur Gareth Huw Evans hat sich schon in seiner Doku THE MYSTIC ARTS OF INDONESIA: PENCAK SILAT (2007) ausführlich dieser Kampfkunst gewidmet. In THE RAID nun scheint diese zur kinematographischen Form transformiert. Ein Film des Lauerns und Zuschlagens, Innehaltens und Losbrechens. Sammeln, Durchatmen, Explodieren im Wechsel von perfekt dossierter Slow Motion mit Schnitt-Stakkatos, einem Kreisen, Schweben, Rasen, Wirbeln der Kamera, die selbst im Kampfinferno bei aller Entfesselung immer wieder mal fast meditativ blickt und selbstredend klar fokussierte Bilder liefert (THE RAID ist schließlich keine Hollywood-Stümperei): Das ist oft rabiat, schweißtreibend – und zugleich von einer Eleganz, die dem Film eine seltsame Ambivalenz gibt.

Auch mit Blick auf die Geschichte, die purste Konvention ist. Mit einem jungen Polizisten, der zum Einer-gegen-alle-Helden wird und Story-Wendungen, die nicht wirklich welche sind. Das ist letztlich nur Beiwerk, Mittel zum Zweck einer Kunst der puren Aktion. THE RAID ist ganz Form. Gewalt-Kalligraphie. Ein filmischer Kriegstanz, dem Mike Shinoda (Linkin Park) einen passend suggestiv düster-rhythmischen Score auf den Leib geschneidert hat.

Originaltitel: SERBUAN MAUT

Indonesien/USA 2011, 101 min
FSK 18
Verleih: Koch Media

Genre: Action, Thriller

Darsteller: Iko Uwais, Ray Sahetapy, Joe Taslim, Doni Alamsyah, Yayan Ruhian

Stab:
Regie: Gareth Huw Evans
Drehbuch: Gareth Huw Evans

Kinostart: 12.07.12

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.