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The Substance

Aufstieg und Fall einer Droge

Daß LSD nicht untergehen könne, nachdem es einmal das Licht der Welt erblickt hatte, davon war Albert Hoffmann gleich überzeugt. Der Basler Chemiker stieß 1943 auf eine unbekannte Substanz, das Lysergsärediethylamid, deren beträchliche halluzinogene Wirkung er zunächst vorsichtig in Selbstversuchen erkundete. Was daraus würde, war noch unklar. Was daraus wurde, überraschte Hoffmann dann doch. Nachdem man mit dem Einsatz von LSD in der Psychiatrie und beim Militär liebäugelte, zweiteres zum Teil auf höchste skurrile Art, wurde es schlagartig zur Massendroge, ein ganzer Stadtteil San Franciscos zu einer riesigen LSD-Kommune. Das war sicherlich neu in der Entwicklung der Menschheit.

Ob „Lucy In The Sky With Diamonds“ nun unter LSD-Einfluß entstand oder nicht (John Lennon hat es ja bestritten), es ist ohne Frage derselbe Geist, der sich hier aufmacht: eine bunte Friedenswelt, die Welt des Flower Power, anfangs mit enormen sozialen Nebenwirkungen. Hoffmann kritisierte diesen Einsatz, doch was half es, darauf hinzuweisen, daß starke psychedelische Drogen in ihrer rituellen Anwendung bei allen Naturvölkern immer mit langen Vorbereitungen einhergehen? Der Geist war aus der Flasche, der Staat reagierte mit Gesetzen und erklärte ihn für illegal. Schließlich mußten die Kriege weitergeführt werden. Den ersehnten Frieden brachte LSD also nicht und ging auch in der Forschung bald für lange Zeit unter.

Daß LSD wieder in die Forschung zurückgekehrt ist, und zum Beispiel mit seiner Anwendung bei Krebspatienten experimentiert wird, ist eine neuere Entwicklung. Der Film dürfte sie begrüßen, liest sich doch seine kleine Geschichte des LSD wie ein Plädoyer zur Rückbesinnung. Dafür überspringt er auch leichtfüßig das Kapitel Folgeschäden bei unkontrollierter Anwendung. Überhaupt ist nicht ganz klar, wohin dieser Dokumentarfilm eigentlich will. Neuland betritt er jedenfalls kaum. Weder fördert er bislang unbekannte Tatsachen zu Tage, noch läßt sich sagen, er selbst wirke bewußtseinserweiternd.

Dennoch findet er eine visuell ansprechende Übersetzung der Geschichte und der Wirkung des LSD mit Hilfe von teils ungewöhnlichen Archivbildern. Diese und das noch kurz vor seinem Tod eingefangene Interview mit dem 100jährigen charismatischen Schweizer Albert Hofmann, das den Rahmen bildet, machen den Film doch sehenswert.

CH 2011, 89 min
FSK 12
Verleih: Real Fiction

Genre: Dokumentation

Regie: Martin Witz

Kinostart: 17.05.12

[ Lars Meyer ] Im Zweifelsfall mag Lars lieber alte Filme. Seine persönlichen Klassiker: Filme von Jean-Luc Godard, Francois Truffaut, Woody Allen, Billy Wilder, Buster Keaton, Sergio Leone und diverse Western. Und zu den „Neuen“ gehören Filme von Kim Ki-Duk, Paul Thomas Anderson, Laurent Cantet, Ulrich Seidl, überhaupt Österreichisches und Skandinavisches, außerdem Dokfilme, die mit Bildern arbeiten statt mit Kommentaren. Filme zwischen den Genres. Und ganz viel mehr ...