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This Ain’t California

… und das ist kein Dokumentarfilm

Ein Film über Skater in der DDR? Das klingt nach 80ies-Mucke, DIY und Anarchie im real existierenden Sozialismus. Regisseur Marten Persiel erzählt nicht nur von einem untergegangenen Land und einer verrückten Subkultur, sondern auch von ganz konkreten Menschen, die in diesem Land gelebt haben. Im Mittelpunkt des Films steht der Skater Denis, genannt Panik. Er ist die Hauptfigur und gleichzeitig der große Abwesende dieses Films, denn er ist 2011 gestorben. Der Film wird so ungewollt zu einem Nachruf, wenn sich Denis’ alte Skater-Clique mehr als 20 Jahre nach der Wende auf einer Berliner Industriebrache trifft und am Lagerfeuer Geschichten von damals erzählt. Dieses bildgewaltige Setting bildet das dramaturgische Rückgrat des Films, der versucht, entlang einer Lebensgeschichte ein gewissermaßen alternatives Sittenbild der DDR zu entwerfen.

THIS AIN’T CALIFORNIA ist ein visuell bestechender Film. Er besteht aus Amateur-Super-8-Filmen von waghalsigen Skatemanövern, enthält aber auch nachgestellte, inszenierte Szenen, Animationen und Interviews. Problematisch wird das dort, wo den verschiedenen Materialien durch die filmische Erzählung eine Authentizität unterstellt wird, die sich bei näherer Betrachtung als nicht gegeben herausstellt. So wurden sämtliche Super-8-Aufnahmen, in denen die Hauptperson Denis zu sehen ist, nicht – wie im Film erzählt – von den Jugendlichen selbst zu DDR-Zeiten mit einer Super-8-Kamera gedreht, sondern im Hier und Heute mit Schauspielern, Laien und professionellen Kameraleuten nachinszeniert. Das gleiche gilt für einzelne Interviews mit Zeitzeugen.

Offiziell läuft THIS AIN’T CALIFORNIA zwar als Dokumentarfilm in den Kinos an, de facto dürften die inszenierten Szenen mehr als die Hälfte des Films ausmachen. Leider wird dies im Film ganz bewußt verschleiert, dabei haben sich im Dokfilm doch längst spannende Erzählweisen etabliert, die die Zuschauer als mündige Betrachter adressieren und ihnen die Möglichkeit eröffnen, Inszenierungen auch als solche auszumachen. Indem der Film genau dies versäumt, läuft er Gefahr, daß nicht nur einzelne Facetten der Geschichte angezweifelt werden, sondern die Ernsthaftigkeit des gesamten Projekts in Frage steht. Das kann eigentlich nicht im Sinne der Filmemacher sein.

D 2011, 90 min
FSK 12
Verleih: Farbfilm

Genre: Dokumentation, Biographie, Mockumentary

Regie: Marten Persiel

Kinostart: 09.08.12

[ Luc-Carolin Ziemann ] Carolin hat ein großes Faible für Dokumentarfilme, liebt aber auch gut gespielte, untergründige Independents und ins Surreale tendierende Geschichten, Kurzfilme und intensive Kammerspiele. Schwer haben es historische Kostümschinken, Actionfilme, Thriller und Liebeskomödien ... aber einen Versuch ist ihr (fast) jeder Film wert.