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Tor zum Himmel

Liebeskomödie im freien Fall

Flughäfen. Unendliche Weiten, kulturelle Schmelztiegel, Wege in alle Welt. Zudem hektische Arbeitsstätte, zum Beispiel für Nisha. Die junge Inderin wischt als Reinigungskraft den Boden der Tatsachen und träumt davon, ihn als Stewardess zu verlassen. Ihr Vorgesetzter könnte helfen – gegen gewisse Gefälligkeiten. Auch Alexejs Blicke schweifen des öfteren gen Firmament. Aus Rußland geflohen und jetzt Schwarzarbeiter, ist es sein Wunsch, Pilot zu werden. Ganz klar, daß sich diese beiden Idealisten irgendwann über den Weg laufen müssen. Heimliche Treffen, geteilte Illusionen, gemeinsame Zukunftspläne – eine Liebe zwischen Gepäckband und Transportcontainern erblüht.

Natürlich sind solche Geschichten alt wie das Kino selbst, und auch die "Glaube an Deinen Traum"-Thematik kommt nicht eben brandneu daher. Daß die erste Hälfte des Films trotzdem zu Herzen geht und bestens unterhält, verdankt man der subtilen Inszenierung, welche auf Blicke aus Nishas riesigen Kulleraugen, Alexejs schüchternes Lächeln, einen herrlich schmierigen, glücksgefährdenden Udo Kier oder originelle Bollywood-Einlagen im Flieger baut. So steht denn das TOR ZUM HIMMEL, konkret dem siebten, weit offen ...

... und fällt plötzlich wieder zu. Regisseur Veit Helmer zerrt spontan alle bislang latent schlummernde Dramatik ans Tageslicht und greift zum besonders dicken Pinsel, um dem hübschen Romantikmärchen sozialkritischen Anstrich zu verleihen. Da landen kleine Kinder im Gefängnis, Abschiebung droht, und Nachrichten-Reliquie Dagmar Berghoff weiß Schreckliches über das Schicksal eines Arbeitskollegen von Alexej zu berichten, während wir endlich erfahren, daß es sich bei Airports um Orte des Verbrechens und modernen Sklaventums handelt.

Aber keine Angst – obwohl Helmer zwar scheinbar nicht recht weiß, was er nun eigentlich erzählen will, sind ihm zumindest gewisse Konventionen bekannt. Ergo reißt er den Steuerknüppel vor Schluß kurz entschlossen erneut herum, sein trudelndes Katastrophengeflecht erhält wundersamen Aufwind und erreicht schließlich sicher den Happy-End-Hangar. Puh! Bitte aufatmen, aussteigen, schönes Leben noch.

D 2003, 90 min
Verleih: Prokino

Genre: Drama, Liebe

Darsteller: Masumi Makhija, Valera Nikolaev, Udo Kier, Miki Manojlovic, Sotigui Kouyate

Regie: Veit Helmer

Kinostart: 18.12.03

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...