Originaltitel: TULIP FEVER

USA/GB 2017, 107 min
FSK 6
Verleih: Prokino

Genre: Drama, Historie

Darsteller: Alicia Vikander, Christoph Waltz, Dane DeHaan, Judi Dench, Zach Galifianakis

Regie: Justin Chadwick

Kinostart: 24.08.17

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Tulpenfieber

Beim Häuten einer Blumenzwiebel

Mit ihrem Roman „Tulip Fever“ setzte die britische Schriftstellerin Deborah Moggach neue Standards – wahrscheinlich nicht literarisch, aber doch im Durch-die-Blume-Sprechen. Vor einem Meer von Tulpen entfaltete sie ein Mehr an Liebe, Leiden und dramatischen Verwicklungen. Verbürgte Kulisse ist das Amsterdam der 1630er Jahre, in dem das exotische Pflänzlein nicht nur die Herzen botanischer Enthusiasten höher schlagen ließ, sondern als hochriskantes Spekulationsobjekt an der Börse über das Gelingen oder Scheitern ganzer Lebensentwürfe entschied.

Moggachs herzhafte Einladung an Fans der historisierenden Fiktion hat trotz ihres romantischen und bildhaften Potentials doch seltsam lange gebraucht, um sich bis in die Filmbranche herumzusprechen. Das britisch-amerikanische Leinwandfest, das nun daraus wurde, ist freilich eines mit zu erwartenden Höhepunkten und kleineren Stimmungstiefen. Kurzum: eine gegen Experimente und größere Unfälle versicherte Kinofahrt durch die sanften Erhebungen der Arthouse-Landschaft, in der Schauspieler, attraktive Ausstattung, ausgewogenes Temperament und routinierte Dramaturgie die Akzente definieren.

Erzählt wird von der aus Nachwuchs- und Geldnot gestifteten Ehe zwischen dem gesetzten Cornelis Sandvoort und seiner ungleich jüngeren Gattin Sophia. Im Bett treffen sich Pflichtbewußtsein, bürgerliches Arbeitsethos und ein „kleiner Soldat“, allerdings ohne früchtebringende Erfolge. Wie Leidenschaft und Sinnlichkeit wirklich funktionieren, erfährt die mädchenhafte Schöne erst, als der Porträtmaler Jan Van Loos für das obligatorische Auftragsbildnis ins Haus kommt. Derweil befindet sich Sophias Bedienstete Maria in froher Erwartung vom lokalen Fischverkäufer – der die gemeinsame Zukunft jedoch an der Tulpenbörse verspielt. Helfen soll beiden Frauen eine Scharade um vertauschte Schwangerschaften, Blumenlizenzen und mindestens zwei verheimlichte Pläne. Aber – mit Brecht – gehen tun sie beide nicht.

Natürlich fand die flämische Barock-Malerei Eingang in die visuelle Gestaltung. Es vermeert, es rembrandtet, es hat inhaltlich verordnete Lust am Chiaroscuro. Aber hat es auch einen Charme darüber hinaus? Wenn ja, dann heißt der Judi Dench. Oder vielleicht Christoph Waltz – sollte man dessen besondere sprachliche Diktion weiterhin zu schätzen wissen. Wie auch immer: Man muß die Feste feiern, wie sie fallen.

[ Sylvia Görke ]