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Ufo In Her Eyes

Worüber auch Marsianer lachen

Was im Auge des Betrachters liegt, muß nichts mit der Wirklichkeit zu tun haben, kann diese aber durchaus verändern. Bäuerin Yun schuftet in einem Steinbruch, ist alleinstehend und pflegt eine heimliche Liaison mit dem Dorflehrer. Als sie eines Abends von einem Stelldichein mit diesem zurückkehrt, geschieht es: Erst sichtet Yun ein rätselhaftes Flugobjekt, dann fällt sie in Ohnmacht. Aus dieser erwachend, entdeckt sie einen verletzten Amerikaner (Große Klasse: Udo Kier!). Ein rätselhafter Kerl, der, nachdem Yun ihn gesund gepflegt hat, so plötzlich verschwindet, wie er aufgetaucht ist. In einer soliden Mischung aus Einfältigkeit und Bauernschläue zieht Yun aus den Ereignissen bald eigene Schlüsse. Die lassen sich festmachen an den Eckpunkten: Ufos, Außerirdische, Geschäftsidee.

Regisseurin Xiaolu Guo adaptierte mit UFO IN HER EYES ihren eigenen Roman für die Leinwand. Ein Film, der in wenigen schwachen Momenten flattrig zwischen Drama und Komödie, Satire und Sci-Fi-Mystery, Frauen- und Gesellschaftsporträt schwankt und in vielen guten all diese Komponenten wie beiläufig verfügt. Häufige Überhöhungen ins Absurde stehen dabei auf festem Fundament. Denn was dieses Dörfchen hier bald heimsucht, sind nicht Marsianer, sondern Touristen. Da kann die Volksrepublik ideologisch kommunistisch sein, wie sie will, der einsetzende Hype um das Ufo im Reisfeld ist fern aller materialistischen Rationalität. Und bringt für den reinen Materialismus ungeahnten Gewinn mit sich. Probleme allerdings auch.

Und die haben durchaus dialektische Qualität: Positiv für Yun ist da noch, daß sie sozial von der Dorfschlampe (da alleinstehend) zur Bäuerin des Jahres (ob Ufo-Sichtung) aufsteigt. Daß aber genau wegen dieses neuen Status’ und mithin ihres Marktwertes als Attraktion (die Frau, die das Ufo sah) ein Wanderarbeiter, in den sie sich verliebt hat, aus dem Dorf getrieben wird, zeigt sehr genau die Kehrseite. Yuns Image ist nicht mehr kompatibel mit sozial Deklassierten. Zu denen gehören auch bald viele Handwerker und Bauern des Örtchens. Deren Betriebe treibt die dörfliche Entwicklung zur Touristenhochburg in den Ruin. Die so marktwirtschaftsbegabte wie ideologiegestählte Bürgermeisterin kann das erklären: Es gelte eben, Opfer zu bringen. Fürs Kollektiv. Im Namen des Kommerzes.

Die Wirklichkeit wird kommunistisch kapitalistisch. Möglich, daß Marsianer sich darüber ausschütten würden. Irdischen bleibt bei diesem Film das Lachen indes auch schon mal im Hals stecken.

Originaltitel: UFO IN HER EYES

D/F 2011, 109 min
FSK 12
Verleih: Pandora

Genre: Tragikomödie, Science Fiction, Satire

Darsteller: Udo Kier, Ke Shi, Mandy Zhang

Regie: Xiaolu Guo

Kinostart: 26.07.12

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.