Originaltitel: SURVEILLANCE

USA/D 2008, 97 min
FSK 18
Verleih: Warner

Genre: Thriller, Cop

Darsteller: Julia Ormond, Bill Pullman, Kent Harper, Pell James, Ryan Simpkins

Regie: Jennifer Lynch

Kinostart: 17.07.08

Noch keine Bewertung

Unter Kontrolle

Und sie blamiert sich doch!

Macht ein Regisseur nach seinem Debüt 15 Jahre Pause und kehrt dann ins Geschäft zurück, harrt man schon gespannt auf den neuen Film. Heißt diese Person allerdings Jennifer "Davids Tochter" Lynch und der Erstling BOXING HELENA – ein kruder Amputationsthriller, gestraft durch die Goldene Himbeere –, schrillen Alarmglocken. Leider zu Recht. Hauptdarstellerin Julia Ormond zieht im üblichen PR-Geschnatter einen treffenden Vergleich, wenn sie behauptet: "Jen hat die Energie eines Phönix." Die Gelobhudelte steigt nämlich mit dem Zweitwerk UNTER KONTROLLE nur aus der auf ihrem Haupt verteilten Kritiker-Asche auf, um sich erneut zu verbrennen.

Dabei hat die Idee Potential: Zwei FBI-Agenten sollen einen Massenmord aufklären und verhören deshalb drei Überlebende, welche jeweils unterschiedliche Geschichten zum Besten geben. Wer lügt? Was stimmt? Immer mehr Details kommen ans Licht, bis die Wahrheit zusammengepuzzelt über dem Zuschauer hereinbricht. Das Frage und Antwort-Spiel nimmt die erste Stunde in Anspruch, läßt aber jeglichen Spannungsbogen oder Charakterzeichnung vermissen. Kein Wunder angesichts der gestelzten Figurenkonstellation: So richtig lebensnah handelt es sich bei den Zeugen um eine zugekokste Junkie-Braut, ein Mädchen von acht Jahren sowie einen sadistischen Cop. Facetten müssen da wohl automatisch weichen, weshalb es Lynch weder als Regisseurin noch Co-Autorin versteht, überzeugende Protagonisten zu zeichnen, vielmehr bloß mit allerhand Ungewißheiten und Mysterien ihrem Daddy nachhechelt. Vergebens, das Verhör inklusive aller Rückblenden oder Dialogzeilen à la "Ich weiß, wie Blut aussieht" aus dem Mund des kleinen Kindes (!) bleibt schlicht öde.

Dann plötzlich ein zugegebenermaßen logischer, überraschender Twist! Man erwacht aus dem Dämmerschlaf, muß nun jedoch zusehen, wie sich die Kamera weitere 30 Minuten lang krampfhaft bemüht, so viel Körpersaft, spritzende Hirnmasse und Tötungen wie möglich einzufangen. Beliebig, banal, blöd. Da reißt auch ein gaaanz böses Ende nichts mehr raus, das Desinteresse schlägt ohne Gnade wieder zu. Was also bleibt, ist mit Leichen im Dutzend garnierte Langeweile, das Wissen um die Unvererbbarkeit von Talent – und vielleicht ein Schwesterchen für Miss Lynchs Himbeere ...

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...