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Uttara

Der Traum vom L(i)eben

Welke Blätter segeln zu Boden, Zwerge wandern durch das Land, ein Vogel zwitschert so inbrünstig, als hinge sein Fortleben davon ab – willkommen bei UTTARA. Das zarte Stimmchen des gefiederten Freundes verstummt auch im weiteren Verlauf nicht und verkündet: Hier soll eine poetische Geschichte erzählt werden!

Mit Balaram und Nemai sind zwei passende Protagonisten gefunden, welche im tiefen Bengalen als Bahnwärter arbeiten und in ihrer Freizeit fast liebevolle Ringkämpfe austragen. Gleich nebenan wohnt zudem ein Pfarrer, der sich in seiner Güte als rettender Engel für mittellose Landstreicher sowie verwaiste Kinder empfiehlt. Sie alle vereinen Träume: Balaram und Nemai hoffen, niemals mehr allein sein zu müssen, erwähnter Priester möchte das Christentum unters Volk bringen, die Obdachlosen zieht es nach Amerika, den Zwergen schwebt eine kleinwüchsige Welt vor. Doch Chaos lauert bekanntlich überall – es bricht aus, als Balarams Tante ihren Selbstmord ankündigt, falls er nicht endlich heiratet. Solch drastische Drohung zieht, und so findet sich die schöne Uttara unversehens als seine Ehefrau wieder, was zu eifersüchtigen Spannungen nebst nun ernsthaften Kämpfen zwischen den Freunden führt. Damit nicht genug, stecken militante Fundamentalisten die Kapelle in Brand, mit dem Pastor noch drin – Uttara ist machtlose Zeugin. Das ehemals beschauliche Leben gerät zur Tragödie größeren Ausmaßes ...

Für diese an sich düstere Chronik des Untergangs findet Buddhadeb Dasgupta wunderbare, kraftvolle Bilder, welche er mit den Bollywood-typischen Gesangs- und Tanzeinlagen kongenial verknüpft und damit eine fast schwerelose Wirkung erzielt. Der Film schwebt förmlich dahin, knallt jedoch immer wieder auf den steinigen Boden der Tatsachen, wenn die – übereifrigen – Darsteller Dialoge formulieren: manchmal beeindruckend lyrisch (miteinander flüsternde Gleise im Nachtwind), aber oftmals gar zu gewollt ungekünstelt bzw. alltagsbezogen (danke, daß wir in epischem Ausmaß über den Durchfall besagter Tante informiert werden!).

Letztlich stolpert also Dasgupta, der Regisseur, über Dasgupta, den Drehbuchautor, und opfert sein Werk damit dem Mittelmaß. Schade drum.

Originaltitel: UTTARA

Indien 2000, 99 min
Verleih: Kairos

Genre: Drama, Liebe, Musik

Darsteller: Tapas Pal, Shankar Chakraborty, Raisul Islam Asad

Stab:
Regie: Buddhadeb Dasgupta
Drehbuch: Buddhadeb Dasgupta

Kinostart: 12.12.02

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...