Originaltitel: AT ETERNITY’S GATE

F 2018, 111 min
FSK 6
Verleih: DCM

Genre: Drama, Biographie

Darsteller: Willem Dafoe, Oscar Isaac, Rupert Friend, Mads Mikkelsen

Regie: Julian Schnabel

Kinostart: 18.04.19

9 Bewertungen

Van Gogh

Faszinierend gemalter Film gefilmter Malerei

Er filme so, wie er male, hat Julian Schnabel einmal verlauten lassen. Aber was heißt das bei einem bildenden Künstler, der auch Regisseur ist? Und der erst mit SCHMETTERLING UND TAUCHERGLOCKE einen kühnen, empathischen und zärtlichen Film über einen Ganzkörpergelähmten drehte, um danach mit MIRAL dem Israel-Palästina-Konflikt eine künstlerische Schüttellähmung peinlich tendenziösen Betroffenheitskitsches abzukrampfen?

Freilich: Auch dank dieses Qualitätsgefälles durfte man wahrlich neugierig sein, in welche Richtung sich Schnabel mit seinem nächsten Film bewegen würde. Jetzt kann man es sehen. Und „sehen“ ist hier maximal wortwörtlich zu nehmen. Denn wer von VAN GOGH jetzt nur eine weitere von A über B nach C illustrierende Filmbiographie über den berühmten Maler und sein bittertragisches Leben erwartet, dürfte enttäuscht werden. Schnabel nämlich treibt etwas ganz anderes um.

Filmen, wie man malt. Malen, wie man sieht. Sehen, was man fühlt. Es sind diese flirrenden Durchdringungen, diese komplexen, diffizilen, wenn nicht geheimnisvollen Prozesse schwer greifbarer Übergänge und Bewußtseinszustände, um die es in VAN GOGH geht. Ein Film über das Wesen der Kunst zwischen Unruhe und Konzentration, Getriebenheit und Innehalten. Wie ein Geist blickt hier die Handkamera aus und auf Van Gogh. Durchmißt mit ihm die Landschaft, schweift in Weitwinkelbildern. Mal ausschreitend, mal wie gehetzt. Oder intensiv Nähe suchend; mal als quälend insistierendes Heranrücken, mal als still geduldiges Hinschauen.

Es sind im Kern die letzten zwei Lebensjahre des 1890 verstorbenen Malers, die in VAN GOGH geschildert werden. Oder besser: die diese filmische Meditation über das Sehen und Malen rahmen. Und den Resonanzraum bilden für die zwischen Psychologie und Metaphysik streifenden Reflexionen nicht nur kluger, sondern auch im Bildfluß klug dosierter Dialoge und Monologe. Die ihren Reiz natürlich auch den bis in die Nebenrollen wunderbar besetzten Schauspielern und Schauspielerinnen verdanken. Allen voran natürlich Willam Dafoe in der Titelrolle. Was für ein Gesicht! Man begreift, daß Kameramann Benoît Delhommes (übrigens ebenfalls bildender Künstler) nicht den Blick davon lassen kann, in diesem faszinierenden gemalten Film gefilmter Malerei.

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.