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Wächter der Wüste

Von ach so niedlichen Pelztierchen und der Sehnsucht nach Stille

Mancher Zoobesuch läuft ungefähr so ab: Schnell durch’s Aquarium hechten, kurz nach dem im Gebüsch versteckten Tiger suchen, die Elefanten links liegen lassen – und dann stundenlang mit leuchtenden Augen den Erdmännchen zuschauen. Wer jetzt zustimmend nickt, hat gerade seinen November-Lieblingsfilm entdeckt.

Denn dieser dokumentarische Wüstentrip widmet sich knapp 90 Minuten lang den niedlichen Gesellen, schaut ihnen beim beherzten Buddeln, Kuscheln oder Spielen zu, stets aus Sicht eines Neugeborenen namens Kolo und seiner Familie. Aber ungeachtet aller Putzigkeit steckt jede Menge Dramatik in den oft atemberaubenden Bildern. Schließlich muß Kolo lernen: Das Aufwachsen in der Kalahari ist eine gefährliche Angelegenheit. Begegnungen mit Raubvögeln, Schlangen, Löwen, sogar harmlosen Giraffen enden nicht gerade selten tödlich.

Da rast dann schon mal nicht bloß kleinen Zuschauern das Herz, wenn eine Kobra, untermalt von treibenden Klängen, Jagd auf die Erdmännchen macht. Und so endgültig schade es für das unglückselige Opfer ist: Dankenswerterweise wird auch der Tod eines Gruppenmitglieds nicht ausgeblendet. Schließlich muß jedes Tier irgendwie überleben, Nahrung für den Nachwuchs beschaffen. Solcher Realismus erhöht zusätzlich den Wert einer Dokumentation, welche ganz nebenbei ohne zu bedrohlich wackelnden Zeigefinger noch Themen wie Klimawandel und Umweltzerstörung aufgreift.

Umso bedauerlicher allerdings, daß sich Rufus Beck mit seinem Off-Kommentar eben nicht nur derart wichtigen Informationen widmet, sondern zudem die Erdmännchen nervigerweise vermenschlicht. Er spricht praktisch für Kolo & Co., gibt überflüssige Sprüche vom Schlage "Sehr heiß heute!" zum Allerbesten und arbeitet – ziemlich schlimm – gar mit verstellter Piepsstimme. Da glaubt man teilweise von Panik gebeutelt daran, daß jeden Moment die Schlümpfe aus einem Erdloch kriechen. Wenn schon die Aufnahmen nicht allein stehen sollen, wäre ein nüchterner Begleittext ungleich wünschenswerter gewesen, zumal das infantile Geschwätz häufig vom Geschehen ablenkt.

Na ja, dem jungen Publikum wird es wohl gefallen, und Eltern können sich schlimmstenfalls Ohrenstöpsel einpacken. Dem unwiderstehlich knuffigen Charme der Pelzträger sollte man nämlich trotzdem erliegen.

Originaltitel: THE MEERKATS

GB 2008, 83 min
FSK 0
Verleih: Central

Genre: Dokumentation, Natur, Kinderfilm

Stab:
Regie: James Honeyborne
Stimmen: Rufus Beck

Kinostart: 20.11.08

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...