D 2018, 129 min
FSK 6
Verleih: Alamode

Genre: Episodenfilm, Drama

Darsteller: August Zirner, Johanna ter Steege, Barbara Auer, Oliver Broumis, Jenny Schily, Bjarne Mädel

Regie: Sandra Nettelbeck

Kinostart: 15.11.18

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Was uns nicht umbringt

Nichts ist in Ordnung?

Ihr Hund ist schwermütig, und wenn Sie ehrlich sind, Sie auch? Dann ist dieser Film etwas für Sie! Sie leben eine Beziehung, die Ihnen in keinem Punkt das Gefühl gibt, daß Sie Wertschätzung erfahren? Sie sind hypochondrisch veranlagt? Perfekt! Nichts wie ins Kino! Hier können Sie sich verbunden fühlen mit Menschen, denen es ähnlich ergeht wie Ihnen. Das ist doch irgendwie tröstlich.

Wenn Sie allerdings gerade etwas Beschwingtes suchen, ist eigentlich nur die vielleicht 50jährige Loretta die Einzige, die Sie aufheitern könnte. Denn die gönnt sich immerhin ein Studium und einen jungen Liebhaber, um die Dauerkrise mit ihren Töchtern in den Griff zu bekommen. Ansonsten hat Regisseurin Sandra Nettelbeck Figuren entwickelt, die schlichtweg unglücklich sind. Oder einsam. Sie stecken, erschlagen vom Schicksal, in ihrer Lebensmitte fest und wissen nicht so recht, wie es vorwärtsgehen soll. Wie auch, wenn man gerade die Liebe seines Lebens verliert, wie Fritz, der Pilot mit Flugangst?

Ganz klassisch Ensemblefilm, berühren sich ihre Wege an neuralgischen dramaturgischen Punkten, driften wieder auseinander und verweben sich zu einem Gefühl, das einem einerseits die Tränen in die Augen treibt, anderseits Anflüge eines melancholischen Lächelns beschert. Dreh- und Angelpunkt ist die Thera-piecouch des Psychologen Max, schon aus Nettelbecks BELLA MARTHA bekannt, auf die sich fast alle Protagonisten legen. Dabei braucht Max selbst eine Schulter zum Ausheulen. Seine Ex-Frau Loretta, die er als gute Freundin und gewissermaßen Patientin halten konnte, die gemeinsamen Kinder, die durchgestylte Altbauwohnung – das alles reicht nicht mehr. Da taucht Sophie, eine Klangkünstlerin mit einem bezaubernden holländischen Akzent, in seiner Praxis auf.

Auch Sunny, die eigentlich in ihrem eigenen kleinen System lebt, und Hannes, wie Sunny Tierpfleger im Zoo, erleben eine Art aufkeimende Liaison. Ihre Annäherung ist eine der spannenderen Episoden und hätte ruhig mehr erzählerischen Raum einnehmen können. Überhaupt wäre eine Fokussierung auf weniger Schicksale mehr gewesen. Denn auch wenn Nettelbecks liebevoller Blick auf ihre Charaktere immer präsent ist, wird dieses großartig besetzte Zwei-Stunden-Hopping von einer Verzweiflung zur nächsten am Ende etwas lang. Man wünscht sich zu verweilen und die zarten Hoffnungsschimmer länger auszukosten.

[ Susanne Kim ] Susanne mag Filme, in denen nicht viel passiert, man aber trotzdem durch Beobachten alles erfahren kann. Zum Beispiel GREY GARDENS von den Maysles-Brüdern: Mutter Edith und Tochter Edie leben in einem zugewucherten Haus auf Long Island, dazu unzählige Katzen und ein jugendlicher Hausfreund. Edies exzentrische Performances werden Susanne als Bild immer im Kopf bleiben ...