Originaltitel: L’ATTACHEMENT
F 2024, 105 min
Verleih: Alamode
Genre: Drama
Darsteller: Valeria Bruni Tedeschi, Pio Marmaï, Vimala Pons, Raphaël Quenard, César Botti
Regie: Carine Tardieu
Kinostart: 07.08.25
Sicher, man kann ein kleines Kind verzweifelt in Tränen ausbrechen oder wild um sich schlagen lassen, nachdem ihm mitgeteilt wird, Mama sei gestorben. Man kann es aber auch machen wie Carine Tardieu. Sie läßt Elliott einfach nur sagen: „Schon?“ Doch was heißt einfach? Nur, weil es sich echt anfühlt?
Elliotts Mutter hat die Geburt des zweiten Kindes nicht überlebt. Alex, ihr Mann, ist jetzt allein mit Baby Lucille und dem Jungen, der ein Bonussohn ist, kein biologischer. Erste Tage vergehen, Wochen, Monate, dann zwei Jahre. Lucilles Alter gibt lose die Kapitel vor, in denen Regisseurin Carine Tardieu mit gewohnt sicherer Hand die Strukturen eines modernen Miteinanders formt. Neben der Minifamilie wäre da im speziellen Nachbarin Sandra, die gestern nur helfen sollte und auch wollte und heute schon ganz anders blickt auf das, was auf sie zukommt. Zunächst kommt Elliott mit seinem Charme und den spitzkindlichen Bemerkungen. Intuitiv zeigt sich die alleinlebende Mittfünfzigerin auf dem Posten, antwortet zum Beispiel auf seine Frage, weshalb sie selbst keine Kinder hätte, sie sei dafür nicht stark genug gewesen. Es wird immer wieder diese Ehrlichkeit sein, die in WAS UNS VERBINDET den Ton vorgibt. Man könnte meinen, es sei ein zeitgenössischer Wunschtraum.
Sandra, die Buchhändlerin mit wohltuend angenehmer feministischer Ausrichtung, scheint sich eingerichtet zu haben in ihrem Leben. Sex kommt vor, ein fest verschraubter Partner nicht. Wünsche wird sie haben, doch Sandra malt sie nicht auf Plakate. Jetzt, da ausgerechnet ein Kind beginnt, an ihr einen Narren zu fressen, reagiert sie weit mehr als nur aus Reflex. Sie weiß einfach, was sie als Mensch mit anderen verbindet, und auch hier meint einfach eben nicht einfach. Sandra ruft Empathie ab, als sie Elliotts Großmutter trifft. Ist klar im Umgang mit Alex, als er glaubt, er sei in sie verliebt. Bleibt aufrecht, als Ärztin Emilia die Konstellation entert und sich mutig einem Patchwork stellt. Und sie weist Alex zurecht, als er beklagt, sein Leben sei scheiße. „Dein Leben ist voller Liebe, Alex!“ Das sitzt!
Wie so vieles sitzt in diesem wirklich à la bonne heure besetzten Film. Wenn man ihn denn im Schwebebad der Emotionen annehmen kann mit seinem Volle-Hoffnungskraft-Voraus und Wird-sich-Finden, als überschäumende Zärtlichkeit und Zugewandtheit die wenigen harten Einschnitte kaschieren.
[ Andreas Körner ]