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Weiter als der Mond

Vom Teufel Alkohol und einer Korrespondenz mit Gott

Anno 1969 ist Caro neun Jahre alt und von Ärger geplagt: Wieso kann der liebe Gott die Mondlandung von Apollo 11 erlauben?! Voll des gerechten Zorns schreibt das Mädchen dem Schöpfer also einen Beschwerdebrief. Es soll weder der erste noch letzte sein, schließlich kann Caro bloß auf diesem Wege ihre Seele von Sorgen befreien, derer es viele gibt.

Caro, ihre Eltern und vier Geschwister leben nämlich auf einem ruinösen Bauernhof, die erneut schwangere Mutter Ita leidet zudem seit Jahren unter Mees, ihrem Mann. Zwar kann man ihm nicht vorwerfen, ein schlechter Vater zu sein, doch zu oft betrinkt er sich, grölt herum und schläft ein, wo er gerade steht. Ita erduldet es, um der Kinder willen; aber insgeheim will sie dieser Existenz entfliehen und denkt an Scheidung. Als Caro das zufällig erfährt, stellt sie die Familie in Frage und beginnt, gegen alles zu rebellieren. Der Erfolg dessen bleibt indes bescheiden, weshalb das Mädchen mit seinem Vater folgenden Pakt schließt: Wenn er aufhört zu trinken, überwindet sie ihre Angst vor dem Schwimmen. Anfänglich scheint Mees tatsächlich dem Alkohol zu entsagen, aber dann kommt es während Caros Kommunionsfeier zum Eklat. Tief verletzt sieht das Kind nur noch einen furchtbaren Ausweg ...

Nun ist es nicht immer als Indiz für Qualität zu werten, wenn ein Film mit Auszeichnungen überhäuft wird, im vorliegenden Fall war der Trophäen-Regen (alle drei Hauptpreise beim 27. Internationalen Kinderfilmfestival Lucas in Frankfurt/Main) jedoch verdient. So einfühlsam wie bewegend schildert dieses Werk nicht nur das Glück, sondern auch die Nöte einer Kindheit, welche Caro zwingt, vorschnell erwachsen zu werden. Dabei trifft Naturtalent Neeltje de Vree stets die richtigen Töne und degradiert ihre ebenfalls brillant agierenden erwachsenen Kollegen fast zu Statisten. Und so muß man sich nicht dafür schämen, manchmal eine Träne aus dem Augenwinkel zu wischen, während das magere Mädchen Caro an seiner Familie zu zerbrechen droht.

Einzig schade, daß Regie und Buch nicht recht wußten, wie sie die Geschichte zum Finale führen sollten. So zerfasert in den letzten Minuten die Handlung, erhöht sich das Tempo und mündet der bis dato wunderbar ruhige Erzählfluß in einen störenden Knalleffekt – leider.

Originaltitel: VERDER DAN DE MAAN

NL/Belgien/D/DK 2003, 99 min
Verleih: Movienet

Genre: Erwachsenwerden, Drama, Schicksal

Darsteller: Huub Stapel, Johanna Ter Steege, Neeltje de Vree, Nyk Runia, Yannic Pieters

Regie: Stijn Coninx

Kinostart: 07.07.05

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...