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Wer früher stirbt, ist länger tot

Sünderleins bayerische Himmelfahrt

Es scheint, als stünden wir am Beginn einer kleinen Renaissance. Der Dialekt, bislang vielgeschmähter Herkunftsverräter, mausert sich zur charakterfesten Marke für deutsche Filmfiguren. Es schwäbelte in DER WALD VOR LAUTER BÄUMEN, es bierbichlerte in der WINTERREISE. Nun trägt auch Marcus H. Rosenmüller, Absolvent der Münchener Filmhochschule, eine Geschichte aus regionalem Anbau zu Markte.

Sebastian, ein 11jähriger Junge, erlebt einen bayerischen Sommer voller kindlich-existentieller Sorgen und angehäufter Sünden. Der Lausbub, vor dem kein Hasenstall sicher ist, versucht nämlich, ein ewiges Plätzchen im Himmel zu ergattern, wo die Mutter sich seit ihrem Tod aufhält. Beraten wird er von den Wirtshausgästen des Vaters, von einem radiomoderierenden Jimi-Hendrix-Fan und allerhand göttlichen Zeichen. Aber der liebe, schlampige Gott pflegt seine Auftragsschreiben in einer rechten Sauklaue zu verfassen. So ist Sebastians Weg der guten Taten von Mißverständnissen, mitunter auch von Tier- und Menschenopfern gepflastert. Und da kann man sich bei der Wahl einer neuen Frau für Papa auch einmal gründlich vertun.

Die Käuferschaft, vor allem die bayerische, hat dem Debütanten das zugegeben wunderbar betitelte Werk wie geschnitten Brot aus den Händen gerissen. Während nun aber der filmische Nachvollzug einer Kinderwelt mit ihren eigenständigen Gesetzmäßigkeiten im Ganzen überraschend plausibel gelungen ist, haftet Rosenmüllers ereignisreichem Knabensommer in Bildern und Ton doch ein Stallgeruch an, den man mögen muß, um ihn schätzen zu können: Alpenveilchen, Wurstsuppe, Kuhscheiße, Katholizismus und gelebte Provinzialität. Ob aber Bayer oder nicht Bayer - die entscheidende Frage ist hier die nach der Toleranz für das Volkstümliche.

Da stehen kindlich-improvisierte Fegefeuer-Alpträume mit Kasperletheater-Charme neben einem Bierzelthumor, in den die rotznasige Hauptfigur noch lange nicht hineingewachsen ist. Sympathie - nicht mehr und nicht weniger - kann man für beides aufbringen. Aber mit der sogenannten Frische, die der kurze Lieferweg vom Hof nebenan garantieren sollte, ist doch auch einiges an Stadl-Humor, Gemütlichkeit und ländlicher Seligkeit mitgekommen.

D 2006, 105 min
Verleih: Movienet

Genre: Komödie

Darsteller: Markus Krojer, Fritz Karl, Jule Ronstedt, Saskia Vester, Franz Xaver Brückner, Jürgen Tonkel

Regie: Marcus H. Rosenmüller

Kinostart: 30.11.06

[ Sylvia Görke ]