Originaltitel: RETOUR CHEZ MA MÈRE

F 2016, 91 min
FSK 0
Verleih: Alamode

Genre: Tragikomödie

Darsteller: Alexandra Lamy, Philippe Lefebvre, Mathilde Seigner

Regie: Eric Lavaine

Kinostart: 11.08.16

1 Bewertung

Willkommen im Hotel Mama

Perfektes Einchecken fürs Publikum

Schauen wir das hiesige Filmposter an: Da sitzt eine Frau um die 40 – sie heißt Stéphanie – auf einem schrecklichen Sofa, umklammert verkrampft ihre kaum weniger scheußliche Tasche und guckt resigniert panisch. Daneben eine reife Dame, zukünftig Jacqueline benannt, mit züchtig arrangiertem Gebein, lächelnd, welche in einer offenbar leeren Tasse rührt. Alters-Tutteligkeit oder Schlamperei des Fotografen?

Egal, zunächst weist die Verbindung aus Plakat und dem besondere Assoziationen weckenden Titel auf eine simple Generationen-Zusammenstoß-Komödie hin, vorerst nicht ganz unberechtigt: Pleite und arbeitslos zieht Stéphanie gezwungenermaßen wieder bei Mama Jacqueline ein, Zickereien folgen quasi sofort, und sei es bloß, weil die Tochter zum Frühstück so etwas Exotisches wie Bohnenkaffee wünscht. Daß Witwe Jacqueline ein weitaus mehr als höfliches Verhältnis zum Nachbarn pflegt, bedarf allerdings strikter Geheimhaltung und provoziert allerlei verquere Situationen, wobei der Film das Terrain gelinde zotiger Slapstick-Kanonaden beackert, oft leicht klamottig und schön an der privaten Peinlichkeit entlang, ohne je unangenehm abzurutschen.

Solch’ gelungener Balanceakt verdankt sich neben tollen Darstellerinnen und einem trotz allem überaus hohen Herzlichkeitsfaktor dem gängige Vorstellungen und vermeintlich normale Entwicklungen hinreißend verdrehenden Fundament: Während Jacqueline das Leben ohne Zwänge und überflüssige Konventionen genießt, hat Stéphanie ihres bereits unter beidem begraben.

Überhaupt liegt hier manches brach, wie eine Familienzusammenkunft beweist. Sie soll dazu dienen, Jacquelines neue Liebe zu offenbaren, endet jedoch als unbarmherzig ausgefochtene Schlacht am Eßtisch. Schon vorher wurden zwar nicht allein Desserts, sondern von Erotik im Alter über Freundschaftsfragen bis hin zum Ergreifen unerwarteter Chancen auch erstaunlich vielfältige Themen angeschnitten, stets respektvoll dezent, wohlgemerkt, aber nun weichen exaltierte Töne gänzlich, die Erzählung sucht den Weg zum häufig steinigen Boden der Tatsachen. Jener trägt sie weiterhin gut, nur eben anders. Das bisherige leise Zuschauer-Dauerlächeln pausiert vorübergehend, Rührung schleicht herbei, bis eine knackige Erkenntnis schließlich kräftig zupackt und alles zurück ins Lot rückt: „Männer sind Nutten!“

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...