D 2023, 107 min
FSK 0
Verleih: Filmperlen

Genre: Dokumentation, Biographie

Regie: Christian Johannes Koch, Jonas Matauschek

Kinostart: 29.02.24

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Wir waren Kumpel

Die Pillen danach

Kürzlich im weißen Arztkittel auf der Straße gekniet, mit einer rohen Riesaer Nudel im Mund, zwei Tuben Sekundenkleber in der Brusttasche, Lokführermütze auf dem Kopf und Mistgabel in der einen sowie Kellnertuch in der anderen Hand. Wollte Solidarität üben mit Streikenden. Hatte dabei ganz die Gundermanns ohne Gitarre übersehen, die aus ihren Schächten und Gruben kommen mußten und müssen, um zu strukturwandeln. WIR WAREN KUMPEL nimmt sich ihrer an als Dok-Debüt von Christian Johannes Koch, geborener Schweizer, und Jonas Matauschek aus Leipzig.

Fünf Menschen werden gezeigt, denn es ist kein Bergwerks-, sondern ein Menschenfilm. Konkret leben sie im Westen, aber ihre Zechen könnten überall sein im Land. Martina, Locke, Langer, Kiri und Thomas haben über Jahrzehnte hinweg Kohle gehauen, gefördert, gefahren. Doch ihre Arbeit wurde endlich. Auch in 104 Minuten gibt es ein Während und Vorbei, letzte Schichten, ewige Rituale, die bitteren Pillen danach, Ansichten von unter und über Tage. Weiße Pilze auf schwarzem Geröll? Auch das.

Die fünf ließen zum Teil extreme Nähe zu. Ihre Welt, Gefühle und Gedanken reflektieren und kommentieren sie nur selbst, der Horizont öffnet sich aus eigenen Biographien, die im Pott begannen oder in Sri Lanka oder als Mann im falschen Körper. Spätestens im zweiten Teil sind es dann reine Sozialstudien, gelenkt und beeinflußt von der Anwesenheit der Kamera. Heikel bis schädlich werden dabei einige Szenen, die an die Grenzen zur Denunziation gehen, vor allem in den Wohnungen von Thomas und Locke mit deren Familien. Würden sie fehlen, würde man nichts vermissen.

[ Andreas Körner ]