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Wonderful Town

Die Wunden der Welle

Tsunami. Obwohl dieses vor vier Jahren noch so allgegenwärtige Wort in Aditya Assarats Film kaum erwähnt wird, liegt seine Bedeutung wie Nebel über allem in der titelgebenden thailändischen Küstenstadt, in die der Architekt Ton für den Bau eines Luxushotels reist. Ton ist aus Bangkok. Er mag die ländliche Ruhe des Küstenortes, erzählt er einem Kollegen auf der Baustelle, als sie auf die Hotelruinen der Überflutungskatastrophe blicken. In den Ruinen soll es spuken, bekommt er zu hören. Die trügerische Ruhe einer Geisterstadt ist es, die ihn hier erwartet.

Im Hotel, in dem Ton für die Dauer seines Aufenthalts untergebracht ist, gibt es außer ihm keinen Gast. Die Hotelbesitzerin ist Na, eine verschlossene junge Frau, die ihre Eltern bei der Katastrophe von 2004 verloren hat. Na strahlt jene Ruhe aus, die Ton zu suchen scheint. Er verliebt sich in Na und nähert sich ihr vorsichtig an. Wie Untote die Lebenden scheinen die Bewohner der Kleinstadt die Annäherung der beiden zu wittern. Die Liebe der Zwei ist unerwünscht. Das Paar wird von den Ortsansässigen mißgünstig beäugt. So auch von Win, Nas kriminellem Bruder, mit dem Ton nach einer Nacht mit Na eine verhängnisvolle Begegnung hat.

Aditya Assarat läßt die Geschichte von Ton und Na langsam dahintreiben wie Trockensträucher im Wüstenwind. Seine bleichen Bilder schaffen eine sogartige Atmosphäre zwischen einlullender Schönheit und schwelender Unheimlichkeit. Ist die Kargheit bei den gestalterischen Mitteln noch die rechte Wahl für eine dichte Stimmung, so führt sie bei der Erzählweise dazu, daß man sich als Zuschauer mitunter ahnungslos zurückgelassen fühlt. Der Film verliert sich gen Ende in Andeutungen, läßt eine weitere Annäherung an die beiden Hauptfiguren nicht zu. Die erzählerische Verschlossenheit mag durchaus die Verdrängung des Traumas spiegeln, das Nicht-verstehen-Können erfassen – sie verhindert aber damit eine tiefer gehende Auseinandersetzung und schließlich die Anteilnahme am Schicksal der Figuren.

Ein wie aus dem Nichts kommendes, stark metaphorisches Ende beschließt diesen stimmungsvollen Post-Katastrophenfilm, der die eigenen schlafenden Geister nicht recht wecken zu wollen scheint.

Originaltitel: WONDERFUL TOWN

Thailand 2007, 92 min
FSK 0
Verleih: Kinemathek

Genre: Drama, Liebe

Darsteller: Anchalee Saisoontorn, Supphasit Kansen, Dul Yaambunying, Sorawit Poolsawat

Stab:
Regie: Aditya Assarat
Drehbuch: Aditya Assarat

Kinostart: 01.01.09

[ Paul Salisbury ] Paul mag vor allem Filme, die von einem Genre ausgehen und bei etwas Neuem ankommen. Dabei steht er vor allem auf Gangsterfilme, Western, Satire und Thriller, gern aus der Hand von Billy Wilder, Sam Peckinpah, Steven Soderbergh, Jim Jarmusch, den Coen-Brüdern oder Paul Thomas Anderson. Zu Pauls All-Time-Favs gehören DIE GLORREICHEN SIEBEN, TAXI DRIVER, ASPHALT COWBOY, SUNSET BOULEVARD, POINT BLANK ...